Captain America ist zurück – seit Steve Rogers den Schild an Sam Wilson übergeben hat und in Ruhestand gegangen ist, verteidigt der ehemalige Fallschirmjäger die Welt vor den Bösen. Aber wer sind die Bösen? Und wer zieht deren Fäden?
Story/Inhalt
Das Auftauchen der Struktur im indischen Ozean (siehe Eternals) schafft der Welt eine Quelle eines neuen Minerals – Adamantium. Dieses Erz, entgegen dem Wakandanischen Vibranium frei verfügbar, erweckt aber die Begehrlichkeiten diverser Länder. Amerika steht kurz davor einen Vertrag mit Frankreich, Indien und Japan auszuhandeln, dass allen Nationen Zugang zu Adamantium garantieren soll.
Doch die Söldner von Serpent stehlen die erste japanische Probe, sodass Sam Wilson und der neue Falcon – Joaquin Torres – diese in Mexiko sicherstellen sollen. Bei einem offiziellen Empfang mit allen beteiligten Nationen will Präsident Ross die Probe zurückgeben. Doch mehrere Attentäter, darunter der ehemaliger Supersoldat Isaiah Bradley, schlagen zu, sodass die Übergabe verzögert wird und zu politischen Spannungen führt. Vor allem Japan wirft Ross vor, amerikanische Interessen zu wahren und nur Lippenbekenntnisse über die Nutzung von Adamantium zu machen. Ross sendet sowohl Sam Wilson als auch die ehemalige Widow Ruth Bat-Seraph aus, um den Auftraggeber der Attentäter zu finden. Alle Spuren führen zu Samuel Sterns, der einst für General Ross arbeitete und bei den Maßnahmen gegen den Hulk mit dessen Blut infiziert wurde.
Ein Krieg im indischen Ozean wird immer wahrscheinlicher, sodass Ross zu Verhandlungen nach Japan reist. Captain America kann dies zwar verhindern, doch das Vertrauen ins Amerika und Ross wird weiter untergraben. Schließlich offenbart Sterns seinen Plan, Ross zu Fall zu bringen. Dessen Medikamente verwandeln Ross in einen Hulk, und wenn Captain America ihn nicht stoppen kann, ist alles verloren.
Captain America Brave New World soll nach den Flops 2023 eine neue Timeline starten – doch sowohl Sam Wilson als neuer Captain America, als auch die dünne Story von Brave New World, haben keine Hoffnung geschürt. Um die Hintergründe zu verstehen, muss man nicht weniger als fünf der Filme aus Phase 1 bis 4 sowie die kostenpflichtigen Disney+ Serien gesehen haben, und trotzdem hat die Story mehr Lücken wie ein Stück Käse.
Schauspieler
Anthony Mackie (Return of the first Avenger) begann als Cap’s Sidekick Falcon, und war (sind wir mal ehrlich) schon damals nicht sonderlich beliebt, oder hätte einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Als er den Schild überreicht bekam, waren die Zweifel groß, und nach der Serie „Falcon and the Wintersoldier“ wurden sie nicht geringer. Das liegt aber mehr an der Rolle als an Mackie, der in Filmen und Serien solide Leistungen brache. Aber eben als Nebenrolle, zur Hauptrolle taugt er anscheinend leider nicht.
Durch den Tod von William Hurt musste die Rolle von General „Thunderbolt“ Ross neu gecastet werden, und Harrison Ford macht einen guten Job. Schon in Air Force One mimte er den amerikanischen Präsidenten mit Hands-On-Mentalität. Hier holt ihn seine Vergangenheit ein, und als roter Hulk darf er dann einen Park verwüsten.
Tim Blake Nelson (Old Henry) darf seine Rolle als Doktor Sterns nach 22 Jahren wieder einnehmen (nach Der unglaubliche Hulk aus dem Jahr 2003, damals noch mit Edward Norton als Hulk).Lange im Verborgenen, enthüllt er schließlich seinen Plan, der jedoch größtenteils aus Andeutungen besteht, die mehr verwirren als helfen. Selbst als sich die relevanten Puzzlestücke hier zu einem Bild formen, bleiben zu viele lose Enden, bei denen wir berechtigte Zweifel haben, ob sie gelöst werden.
Der neue Falcon Joaquin Torres wird von Danny Ramirez (Top Gun Maverick) gespielt. Er ist genauso nervig wie Mackie als Falcon, das merkt wenigstens der neue Captain und weist seinen Sidekick darauf hin. Nachdem er sich bei einem Einsatz verletzt, verbringt er den Rest des Films im Krankenbett – kein Verlust.
Carl Lumbly spielt „Koreas Captain America“ Isaiah Bradley, Giancarlo Esposito als Söldner Sidewinder, und Sebastian Stan hat einen Cameo als Wintersoldier, beziehungsweise Bucky, der jetzt in die Politik geht. Shira Haas schließt den Kreis der vernachlässigten Charaktere in Form einer ehemaligen Black Widow ab. Vielleicht dürfen sie in ihre Rollen in späteren Einträgen zurückkehren – allerdings waren ihre Auftritte entweder so nachhaltig wie Eis in der Sonne, oder Cameos, die als reiner Fanservice zu betrachten sind.
Regie
Julius Onah machte 2018 mit „The Cloverfield Paradox“ auf sich aufmerksam. Danach folgte nur noch der Film „Luce“, bevor er die Arbeit an diesem Film aufnahm. Insgesamt wurde der Film um mehrere Nachdrehe und ein komplettes Jahr verschoben, nachdem Testscreenings katastrophales Feedback ergeben haben. Diese Nachbearbeitungen/Neudrehe haben nicht nur dem Gesamtverkauf der Story geschadet, sondern auch einzelnen Rollen. Man wird das Gefühl nicht los, dass Sidewinder ursprünglich eine viel wichtigere Rolle hätte spielen sollen.
Onah muss natürlich große Schuhe füllen, doch scheint es, dass er sich entweder nicht getraut hat oder es ihm nicht erlaubt war, dem Ganzen eine eigene Note zu geben. Das Endergebnis sind vermurkste 90 Minuten – zum Glück nur 90 Minuten – die weder Fisch noch Fleisch sind, und doch die Grundlage für eine neue Phase sein sollen.
Nachbearbeitung
Zum ersten Mal wird auf den Celestial im indischen Ozean Bezug genommen. Da poppt ein Riese aus dem Meer auf und jahrelang verliert niemand in Filmen oder Serien im selben Universum ein Wort darüber? Und plötzlich besteht er natürlich aus dem Material, dass in Wolverines Klingen und Skelett steckt, was natürlich die Begehrlichkeiten aller Nationen weckt – und wohl zu einer Staatskrise in Wakanda führen wird. Ob Shuri nun ihre Armee losschickt, um ihr Monopol auf unzerstörbare Mineralien zu wahren. – oder schickt sie Namor und seine Leute? Obwohl Wolverine kurz nach Vietnam sein Adamantium-Upgrade erhält. Also spielt das doch nicht im selben Multiversum? Helft uns das zu verstehen, Han Solo, ihr seid unsere letzte Hoffnung… und jetzt Präsident der Vereinigten Staaten?
Aber jetzt ehrlich: eine bis dahin ignorierte Story-Line aus dem zweiten (!) Film des Universums wird aufgewärmt und wenig befriedigend umgesetzt. Zwar darf der verwandelte „Megamind“ ans Licht treten, doch sieht der Leader eher aus wie eine schrumpelige Variante eines Bewohners der Quantenebene (hallo Antman and the Wasp, hoffentlich ohne „Aktivistin“ Cassie). Und dafür, dass er so schlau ist, kann ihn Captain Puerto Rico (nur ein Stern!) recht einfach überrumpeln. Und während Black Widow wohl mehr tun musste, um den Hulk zu beruhigen (sie waren ja ein Paar), reicht es Sam Wilson den roten Hulk einfach zu bequatschen damit er seine Zerstörungsorgie beendet.
Kurz vor der Verwandlung, als noch die Personenschützer versuchen, Ross zu bändigen, sieht er verdächtig aus wie ein realer Präsident mit schlechtem, orangem Haarschnitt, bevor er alle wegstößt, seine Kleidung sprengt, das halbe Weiße Haus einreist und in einen Park voller blühender Kirschbäume flieht. Als Cap ihn dann beruhigt hat, passt die Hose wieder perfekt und ist kaum zerrissen – ein Wunder der PG-13 Zensur.
Ich könnte noch weitermachen, aber ich glaube es ist klar, wohin die Reise geht.
Musik
Laura Karpman war bereits für die Musik der Serien „What if…“, „Ms Marvel“ und den Film „The Marvels“ verantwortlich. Für Brave New World wurden 35 Musikstücke verwendet. Bei gut 72 Minuten Musik und 90 Minuten Laufzeit heißt das also, dass quasi durchgängig Musik dudelt. Ist irgendwas davon hängen geblieben? Fehlanzeige. Die Musik ist so austauschbar wie der Film, und wenig einprägsam.
Filmkritk
Fazit
Trotz Nachbearbeitung, Nachdrehe und einem Menschenopfer an den Gott Dormammu ist über ein Jahr nach dem ursprünglichen Starttermin der neue Captain America nicht besser geworden. Obwohl 2024 kein Eintrag des Avengers-MCU kam, setzt sich der Kurs unverändert fort. Die Erwartungslatte wird jedes Mal noch tiefer gesetzt und doch stürmt Disney hüpfend drunter durch. Zurück bleiben enttäuschte Zuschauer, die sich fragen, warum sie mittlerweile fast 20 Euro für ein Ticket zahlen sollen, oder fast gleich viel pro Monat für Disney+. Erinnert ihr euch noch als die Avengers-Filme Spaß machten? Es scheint eine Lebensspanne plus Eins her zu sein. Ich gebe aber nicht Anthony Mackie oder Regisseur Julius Onah die Schuld – sie sind hier genauso Opfer wie wir Zuschauer, die auf Besserung gehofft haben. Diese Welt ist weder tapfer noch neu. Und wer nur einen Stern auf dem weiß-rot gestreiften Banner trägt, ist nicht Captain America, sondern Captain Puerto Rico. Change my mind!