1986 bretterte eine F14 Tomcat zu den Klängen von Dangerzone (Kenny Loggins) über unsere Köpfe und brachte einen der Filme, der von Kabel Eins bei jeder Gelegenheit wiederholt wurde (nebst den Bud Spencer/Terrence Hill-Filmen und den Police Academy Filmen). Für Tom Cruise war es eine ikonische Rolle als Fliegerass Maverick. So ikonisch, dass er 2022 noch einmal ins Cockpit stieg… nicht so wie Iceman, der wohl nur noch auf ein C-295 Gunship, aber auf keinen Fall in ein Kampfjet-Cockpit, passen würde.
Story/Inhalt
Maverick, wegen seiner Insubordinationen noch immer nur Captain des US Navy Flight Corps, arbeitet als Testpilot für ein Programm, dass der „Drohnen-General“ einstampfen will. Unter höchstem Einsatz versucht er zu beweisen, dass die Ziele seines Prototypens machbar sind, zerstört das Flugzeug beim Testflug allerdings. In Erwartung endgültig kaltgestellt zu werden, wird er zu seinen Vorgesetzten bestellt. Doch statt ihn vor die Tür zu setzen soll er in die Flugausbildungsakademie Top Gun zurückkehren. Als Ausbilder soll er die besten Absolventen der letzten Jahre auf eine unmögliche Mission vorbereiten. Denn ein Schurkenstaat reichert in einer geheimen, gut gesicherten Anlage möglicherweise Uran an. Die Flieger sollen die Anlage stoppen bevor die Produktion beginnt. Unter den Piloten ist auch der Sohn seines ehemaligen Kopiloten Goose, der selbst den Rufnamen Rooster trägt. Spannungen sind vorprogrammiert, und als der Missionszeitpunkt vorverlegt wird bleibt nur noch eine Lösung: Maverick selbst muss mitfliegen.
Der Sommerhit 2022 spricht bewusst unsere Kindheitserinnerungen an. Nicht nur das Feeling von ersten Teil, samt Soundtrack, sondern auch eine andere Kindheitserinnerung: ein Anflug in einer engen Einflugschneise, unter Beschuss durch den Feind, der überlegene Technologie hat… als wäre die Mission der Anflug auf den Todesstern aus Star Wars. Bonuspunkte für das Retrofeeling, aber die Story ist dennoch zu dünn und etwas aus der Zeit gefallen.
Schauspieler
Tom Cruise (Mission Impossible) schafft es zu vermitteln, dass sich Maverick in die letzten 20 Jahre kein bisschen verändert hat. Er ist noch immer ein Wunderkind am Steuerknüppel, doch arrogant und überheblich bis zur Unterkante der Oberlippe und zeigt erneut, dass ein guter Pilot nicht zwangsläufig ein guter Lehrer ist.
Weitere alte Bekannte aus dem ersten Teil sind Jennifer Connelly (Blood Diamond) und Val Kilmer (The Saint); im Gegensatz zu Maverick ist Iceman mittlerweile zum Admiral befördert. Meg Ryan wird nur in Rückblenden, die Material aus dem ersten Teil verwenden, gezeigt.
Die neuen jungen Piloten sind Monica Barbaro (Lethal Weapon Serie), Jay Ellis (Escape Room), Lewis Pullman (Bad Times at the El Royale), Danny Ramirez (The Falcon and the Wintersoldier), Glen Powell (A Killer Romance) und einige mehr. Einerseits sind diese Charaktere Aufgüsse von Fliegern aus dem ersten Teil, oder orientieren sich an anderen bekannten Piloten aus Filmen und Serien vergangener Jahre. Ist die Monica Barbaros Phoenix nicht nur dem Namen nach eine Abklatsch von Kara „Starbuck“ Thrace aus Battlestar Galactica, in der Serie gespielt von Katee Sackoff.
Der wichtigste der jungen Piloten ist natürlich Rooster, gespielt von Miles Teller (Whiplash, Die Bestimmung-Franchise). Sowohl schauspielerisch, gesanglich und inhaltlich lässt er seine Flugkollegen alt aussehen. Seine Spannungen mit Maverick, auch außerhalb der Flugeinlagen, runden die Geschichte ab. Zumindest ist seine Rückkehr und Motivation nicht nur ein Lückenbüßer wie bei Jennifer Connelly.
Regie
Begonnen hat Joseph Kosinski mit einem Musikvideo: Mad World von Gary Jules, eingearbeitet in das Spiel Gears of War 3. Später folgten Spielfilme wie Tron: Legacy (auch bekannt als 90-Minuten Daft Punk Video), Oblivion (mit Tom Cruise), oder „No Way Out – Gegen die Flammen“. Außerdem führte er beim „Hold my Hand“ von Lady Gaga ebenfalls Regie.
Die Flugeinlagen sind wie beim ersten Top Gun wieder Top (sorry für das schlechte Wortspiel), wenn auch teilweise die Gesetze der Physik ausgesetzt werden. Einfache Rechnung: bei einer Geschwindigkeit von 300 Knoten im Sturzflug beim Kobra-Manöver: wann würden die Maschinen am Boden zerschellen? Auf jeden Fall bevor ein dreiminütiges Streitgespräch über Funk gelöst ist. Auch andere Einlagen, wie das Cockpit-an-Cockpit-Fliegen, wurden von wirklichen Piloten wiederlegt – ein kleiner Flugfehler und beide Maschinen kollidieren. Selbst wenn ein Flieger nur eines dieser Manöver im Ansatz versuchen würde, spätestens bei der Landung wäre er eine Lizenz für immer los. Eine Millionenteure Maschine für sein Ego riskieren nimmt nicht mal die Navy Air Force hin. Oder die Air Force – sogar die Gummibärenbande verstünde da keinen Spaß.
Welche böse Nation hier am Ende mit Tomahawks und Fliegern beschossen wird, wird nie offen angesprochen. Aber welche Nation hat Spannungen mit den USA, wurde früher sowohl vom Westen als auch der Sowjetunion unterstützt, und hat dank Öl genug Geld um moderne Flieger der fünften Generation zu kaufen? Wer sich für ein politisches Machtwerk einspannen lässt, verliert halt Punkte. Und zu sagen es sind böse Russen wäre zu offensichtlich gewesen.
Nachbearbeitung
Bei der Regie wurden bereits die Flugeinlagen erwähnt, und die unterschwellige politische Botschaft, dass Amerika das Recht hat alles und jeden mit Tomahawks zu bombardieren, wenn sie glauben im Recht zu sein. Auch fliegen die Piloten mit veralteten F18 ins Gefecht und mischen, weil ihre Piloten natürlich total überlegen sind, die feindlichen Flieger der fünften Generation ohne eigene Verluste auf. Selbst mit einer veralteten F14 kriegen die anderen Piloten volles Pfund aufs Maul – frei nach Team America World Police: America – fuck Yeah!
Das Volleyball-Turnier aus dem ersten Teil wird durch ein Offense-Defense-Footballspiel ersetzt, was nichts daran ändert, dass wieder eingeölte Typen in Badeklamotten knackige High-Fives austauschen – den Spartanern aus der Parodie „Meet the Spartans“ würde es gefallen.
Musik
Was bei Top Gun auf keinen Fall fehlen darf: Dangerzone. (auch wenn es Kenny Loggins die Taschen füllt). Auch einige andere Klassiker aus Teil 1 fehlen nicht, zum Beispiel die Kapella-Version von „Great Balls of Fire“ am Klaviar, wie ein von Maverick und Goose gesungen, jetzt interpretiert von Rooster und den anderen Navy-Piloten. Miles Teller durfte in einem Musikvideo sogar nochmal Solo ran, Regisseur Kosinski übernahm das gerne. Und dann natürlich die beiden Titellieder des Sommer-Blockbusters, die auch noch 2024 immer wieder im Radio zu hören sind: „Hold my Hand“ von Lady Gaga, und „I Aint Worried“ von OneRepublic. Obwohl Miles Tellers „Great Balls of Fire“ vom Regisseur als Musikvideo produziert wurde, schaffte er es aber nicht wie Lady Gaga oder OneRepublic auf die Bluray. Ein großer Verlust – ehrlich.
Filmkritk
Fazit
IMDB bewertet Top Gun Maverick mit 8,2 – ich finde selbst die 7 von 10 für das, was geboten wird, zu hoch bewertet. Am ehesten hätte bei der Story bei den Punkten gespart werden können – immerhin ist einfach nur eine Retroreise in (gefühlt) bessere kindliche Zeiten: man darf quasi beim Missionstraining für den Anflug auf den Todesstern dabei sein und dabei Dangerzone aus den Boxen dröhnen lassen während die Turbinen röhren. Da für „JAG – Im Auftrag der Ehre“ viele Flugsequenzen recycelt wurden, bleibt in Zeiten der Remakes und Ideenlosigkeit die Chance, dass auch hier die Flugszenen in einem potentiellen Remake wiederauftauchen. Sonst bleibt nur: Miles Teller macht eine gute Arbeit, für Tom Cruise und Jennifer Connelly war es ein weiterer fetter Gehaltsscheck, und für die Welt gilt: selbst mit Propellermaschinen würde ein das Navy Flight Corps den Hintern versohlen – America – fuck yeah!