Für Marvel liegt dank dem grauenhaften Kinojahr 2024 (Madame Web, Venom 3 und Kraven the Hunter) die Latte nicht allzu hoch. Da auch der neue Captain America an sich selbst gescheitert ist, bleibt Marvel nur noch eine Hoffnung: dass ausgerechnet ihre Version des Suicide Squad zur Rettung eilt… naja, schlimmer kann es nach den letzten drei Beiträgen von Sony eigentlich nicht werden, oder?
Story/Inhalt
Nachdem die Avengers weg sind, sendet Direktorin de Fountaine gedungene Attentäter wie Yelena Belova aus, um den Dreck wegzumachen. Doch eine Senatsermittlung zwingt sie reinen Tisch zu machen. Dazu gehört aber auch, sich der Attentäter zu entledigen. Diese finden sich daraufhin in einer geheimen Anlage wieder und erhalten den Auftrag, sich gegenseitig auszuschalten. Doch entgegen allen Erwartungen raufen sie sich zusammen und entkommen der Verbrennungsanlage. Mit an Bord ist der mysteriöse Bob, der in einem Kyro-Tank gefangen war. Der Winter Soldier schließt sich ihnen an, um de Fountaine zu stürzen, und bringt mit Red Guardian alle nach New York.
Zurück in New York bekommt de Fountaine Bob aber in ihre Finger und macht ihn zum Sentry, dem größten und mächtigsten Superhelden aller Zeiten. Allerdings ist Sentry instabil, und eine dunkle Persona namens Void übernimmt das Ruder und taucht New York in seinen verschlingenden Schatten. Yelena Belova muss in den Void eindringen, um Bob rauszuholen und die Stadt zu retten.
Mit Sentry/Void wird ein neuer Held/Schurke eingeführt, der viel Potential hat – und es auch nutzt. Yelena muss ihren Platz finden, denn sie will nicht ihre Schwester als neue Black Widow ersetzen. Doch ein Team anführen: schwierig. Aber es müssen ja nicht neue Avengers sein, den Titel wünschen sich ja andere (nicht unbedingt beliebte Charaktere wie Kamala Khan)
Schauspieler
Florence Pugh (Dune: Part 2, Don’t Worry Darling) war in Black Widow noch der Sidekick und hatte kurze Auftritte in diversen Disney-Marvel-Serien. Dieses Mal soll Yelena den Lead übernehmen, obwohl sie nicht die Rolle ihre Schwester einnehmen will. Bei der restlichen bunten Truppe sind das große Schuhe, die Yelena da ausfüllen soll. Doch sie zeigt Führungsqualitäten und Opferbereitschaft, die so vielen anderen Marvel-Helden und Anti-Helden zuletzt gefehlt hat.
Sebastian Stan kehrt als Winter Soldier erneut zurück: dieses Mal nicht nur mit einem Cameo wie bei Captain America: Brave New World, sondern mit allem Drum und Dran. Trotzdem ist auch er nur ein Sidekick für einen Anführer.
David Harbour (Gran Turismo) nimmt auch wieder die Rolle des Red Guardian ein. Genauso übertrieben laut und lästig, wie in Black Widow ist Yelena Belova genauso genervt von ihm wie das restliche Team (und wir Zuschauer). Die anderen Teammitglieder sind Patriot John Walker (gespielt von Wyatt Russell; „Night Swim“), Ghost (gespielt von Hannah John-Kamen; Goblins – Tödliche Biester), Taskmaster (gespielt von Olga Kurylenko; „Ein Quantum Trost“) und natürlich Bob, oder Sentry (gespielt von Lewis Pullman; Top Gun Maverick)
Direktorin de Fountaine wird von Julia Louis-Dreyfuß (Veep) gespielt.
Regie
Jake Schreier führte davor Regie in Musikvideos und Serien. Dies ist sein erster großer Blockbuster; und gleich mit großer Erwartungshaltung. Nach dem katastrophalen Sony-Jahr 2024 und dem ausbleibenden Erfolg von Captain America mit Sam Wilson stellte Disney die gesamte Existenz des MCU in der jetzigen Form in Frage. Dass ausgerechnet eine Kopie von Suicide Squad die Rettung sein sollte, darauf hätten viele nicht gewettet: denn die Karten für Schreier waren schlecht. Das Team besteht aus Anti-Helden und Schurken der letzten Phase oder Serien, die exklusiv auf Disney+ liefen. Ich gebe ehrlich zu: ich habe keine der Serien gesehen. Darum kannte ich Patriot nur vom Hörensagen. Und ehrlich: wer erinnerte sich ohne Google-Suche noch an Ghost aus „Antman and the Wasp“ oder Taskmaster aus „Black Widow“?
Natürlich steckt in diesem Film wieder viel Fanservice. Doch dieser wird gut mit der Story verwoben und gibt dem Team so ein Sprungbrett für weitere Abenteuer, ohne die Existenz der Young Avengers zu gefährden (obwohl diese dank dem Lead von Captain Marvel Kamala Khan eher nicht auf meiner Wunschliste stehen – dafür war The Marvels einfach zu schlecht).
In den Experimenten, die Bob zu Sentry/Void machten, steckt vielleicht etwas Lucy. Und die Sequenzen im Void könnten auch aus „Inception“ stammen. Doch diese Anleihen verzeiht man Jake Schreier hier gern, denn im Gesamtbild ist Thunderbolts* ein überraschend guter, vielleicht sogar frischer Eintrag in das MCU.
Nachbearbeitung
Hier treffen Licht und Dunkelheit aufeinander – als ob der Void uns verschlungen hätten. Zuerst einmal zu den Charakteren.
Yelena Belova ist nicht nur die kleine Schwester von Black Widow, sie ist auch der Kern diverser Gruppen in den Comics. Sie gehört zu den Dark Avengers (Sentry, Moonstone, Venom, Juggernaut, Daken, Ares, Bullseye und andere) und eben den Thunderbolts (Red Hulk, Red Guardian, Baron Zemo, Enchantress, Goliath, und andere).
Ghost hatte ihren Einstieg bei „Antman and the Wasp“. Taskmaster wurde bei „Black Widow“ als Gegenspieler positioniert, und der Patriot durfte in der Serie „Falcon and the Winder Soldier“ kurz den Schild tragen. Wobei Taskmaster zu kurz im Film ist, um relevant zu sein. Dass eben diese Charaktere den Kern der Thunderbolts bilden, lässt zwei Fragen offen: kommen die anderen noch nach, vor allem Präsident Ross als Red Hulk? Und bekommen wir die Dark Avengers zu sehen?
De Fountaine kam zum ersten Mal im Abspann von „Black Panther: Wakanda Forever“ vor, und wurde immer präsenter. Ob sie das Potential hat ein passender Gegenpol zu werden – auf jeden Fall ist sie keine Amanda Waller, die das Suicide Squad aussenden kann.
Musik
Wenigstens singt der Red Guardian dieses Mal nicht „Country Roads“. Aber der Soundtrack ist hier nicht so relevant.
Thunderbolts* Steelbook
Filmkritk
Fazit
Captain America: Brave New World ließ schlimmes erahnen für das MCU. Mit der Kopie des Suicide Squad besteht aber wieder Hoffnung, dass man sich bei Disney darauf besinnt, was die Phasen 1 bis 4 ausmachten: Charaktere einführen, entwickeln und einen größeren Story Bogen darum spannen… wir blenden vorerst mal aus was mit Thor passiert ist, und dass mit Endgame die Qualität zuerst mal sehr tief gefallen ist. Thunderbolts zumindest machte wieder Spaß, brachte frischen Wind und vor allem einen Gegenpol zu den Young Avengers (die an zu viel diverser Message mit zu wenig Bodenhaftung scheitern werden – darauf wette ich jetzt schon).