Willkommen auf Pandora, der Müllkippe und Hölle im Universum.
Was eigentlich Gänsehaut vor freudiger Erwartung auslösen sollte, liefert den zweiten cineastischen Tiefschlag dieses Jahres (nach Madame Web). Statt einer würdigen Umsetzung der Spieleserie erhalten wir eine weitere Videospielverfilmung für die Tonne. Mal ehrlich: macht sich überhaupt wer der Filmemacher, Drehbuchautoren, Regisseure und wem weiß ich noch die Mühe das Ursprungsmaterial zu sichten und zumindest zu versuchen dem Respekt zu zollen?
Story/Inhalt
Die Kopfgeldjägerin Lilith wird von dem Magnaten Atlas beauftragt seine Tochter vom Planeten Pandora zu retten. Begleitet vom Roboter Claptrap muss Lilith bald feststellen, dass das Kind nicht gerettet werden muss. Zusammen mit dem Söldner Roland, dem muskelbepackten Psycho Krieg und der Wissenschaftlerin Tannis machen sie sich, wie fast die gesamte Bevölkerung von Pandora auf, den mysteriösen Vault zu finden und ihn auszuräumen. Mit anderen Gruppen von Psychos, Söldnern und Atlas selbst auf den Fersen macht sich die ungleiche Truppe auf den Weg.
Mittlerweile reden die Verantwortlichen sich raus, dass dies eine Geschichte aus einem „Cinematic Borderlands Universe“ sei und parallel, aber nicht in derselben Welt wie die bekannten Spiele stattfindet. Eine einfache Ausrede dafür, dass hier gefühlt einfach nur ein paar Namen, Ortsnamen und Vorkommnisse hingeworfen wurden, und man darauf hoffte, dass es irgendwie klappt. Dazu noch ein paar pubertäre Furzwitze und offensichtliche Unkenntnis was Pandora eigentlich ist und was da abgeht. Gut, ein paar Leute und Orte kennt man: darum 2 von 10 Punkten, was eigentlich zu mindestens 3 Punkte zu viel für diese Handlung sind.
Schauspieler
Ich halte mich nur mit den Hauptrollen auf, was das Urteil aber nicht besser macht. Ich bin übrigens nicht allzu tief im Borderlands-Universum verwurzelt, doch selbst mir sind die folgend genannten Dinge aufgefallen. Und ich habe weniger als 200 Spielstunden in Teil 1 und 2, so als Maßstab.
Am schnellsten lässt sich wohl Jack Black (School of Rock) als Claptrap abhandeln. Claptrap, als Wegweiser und Stichwortgeber auf Pandora, ist schlicht nicht witzig. Ende und aus.
Cate Blanchett (Herr der Ringe, Nightmare Alley) als Lilith ist für die Rolle der jungen, aufmüpfigen Kopfgeldjäger gut und gerne 30 Jahre zu alt (im Spiel 22, Blanchett über 50). Mehrheitlich hält sie sich damit auf ihre Haarsträhne aus dem Gesicht zu blasen. Außerdem ist in den Szenen, die nachgedreht wurden, ihr Unwillen noch einmal die Rolle aufnehmen zu müssen wirklich sicht- und spürbar.
Der Söldner Roland wird von Kevin Hart (Central Intelligence, Ride Along, Die Hart) gespielt. Roland: scharfzüngig, Anführer der Crimson Lance, stoisch-ruhig… wird hier komplett überdreht, und vor allem zu einfachen Söldner degradiert, dargestellt. Auch Hart ist für die Rolle zu alt, und schlichtweg nicht der Typ.
Jamie Lee Curtis (Halloween Franchise, Knives Out) als Tannis ist die zweite Hauptdarstellerin, die für ihre Rolle als findige Wissenschaftlerin eindeutig falsch gecastet, weil zu alt, ist. Der Witz von Tannis geht total verloren, weil Curtis schlicht nicht der Typus für dieses Rollenbild ist.
Ariana Greenblatt (Barbie, Ashoka) als Tiny Tina nervt einfach nur. Gut, das kommt ihrer Rolle im Spiel am nächsten. Doch hier ist sie einfach nur ein nerviger Gen-Z-Teenager, die unlustige Einzeiler und Jugendworte raushauen soll… und mit Bomben wirft. Wem das gefallen hat, soll sich bitte melden – obwohl das der kleinen Rolle der kleinen Tina im Spiel noch am ehesten entspricht.
Krieger wird von Florian Munteanu (Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings, Creed II) gespielt. An Tiny Tinas Seite ist der ehemalige Psycho, den sie kurzerhand als ihren neuen Bruder adoptiert, Leibwächter und Muskeln in einem. Versteckt hinter einer Maske mit wenig Text hätte es sich hier doch angeboten Dwayne „The Rock“ Johnson reinzupacken. Dann hätte es wenigstens etwas Chemie mit Roland gegeben. So bleibt Krieger im Film vernachlässigbar, und wird wie all seine Psycho-Kollegen nicht dem Rollenbild gerecht.
Dann bleibt noch Edgar Ramirez (Point Break, Jungle Cruise) als Atlas. Er bringt mit der Rekrutierung von Lilith erst alles in Gang und verfolgt dann doch nur einen diabolischen Plan den Inhalt des Vaults für sich zu beanspruchen. Elon Musk in Space, mit mehr Geld, mehr Söldnern und weniger psychopathischer Ausstrahlung als der X-Besitzer.
Der Cast ist nach der fehlenden Handlung die zweite Ente. Vor allem sieht man nahezu perfekt welche Szenen wann gedreht, nachgedreht oder nach dem ersten katastrophalen Testscreening neu nachgedreht wurden: indem einfach nur die Mimik und Gestik beachtet wird. Ich glaube Jack Black hat dadurch, dass er nur seine Stimme hergeben musste, am wenigstens Prestige eingebüßt. Die anderen Schauspieler würden diesen Film wohl lieber in ihrer Vita verbergen. 2 von 10 Punkten für den Cast, hier abgebildet zu sein ist schon die Höchststrafe, darum nicht nur 1 Punkt.
Regie
Eli Roth – als Schauspieler prügelt er als „Bärenjude“ in Tarantinos Inglorious Basterds mit seinem Prügel Nazischädel zu Brei. Als Drehbuchautor brachte er Franchises wie „Cabin Fever“ oder „Hostel“ auf den Markt, führte dabei auch gerne selbst Regie, und ergänzte Einzelfilme wie „The Green Inferno“ und „Aftershock“, sowie zuletzt „Thanksgiving“. Was alles Rollen und Filme, vor und hinter der Kamera, ausmacht: viel Blut, (manchmal) unnötige Gewalt und viele Flüche. Eigentlich genau was Borderlands als Spiel ausmacht: Blut, Gewalt, dunkler Humor.
Da bleibt die Frage warum dann genau bei einem Regisseur mit dieser Reputation ein PG-13 eingesetzt wird, das Nachdrehs verlangte und schon bei ersten Testscreening durchgefallen ist. Warum liefert Eli Roth sowas ab, unter seinem Namen? Hätte er wenigstens eine Synonym gewählt. Das Argument so mehr Kasse machen zu können ist hinfällig, und Deadpool hat wiederlegt, dass ein höheres Rating die Zuschauer abschreckt. Im Gegenteil: ich will doch keine lästigen „Tiny Tinas“ im Saal haben, die nebenbei Tiktoks schauen oder aufnehmen wollen.
Eli Roths schlechteste Arbeit aller Zeiten. 1 von 10 Punkten ist da ein Lob. Höchststrafe: eine Stunde durch die Pisswash Gully spazieren!
Nachbearbeitung
Pandora hätte so viel Potential gehabt. Flora, die dich töten will. Fauna, die dich fressen will. Banden marodierender Psychos, Vaultplünderer, organisierte Banden und Haufen von Siedlern, die einfach ihr Glück versuchen. Geliefert bekommen wir so gut wie nichts. Die Crimson Lance ist eine Söldnertruppe, die in Sachen Kompetenz den Sturmtrupplern Konkurrenz machen. Und die Psychos sind verhältnismäßig vernünftig und willens zu kooperieren – wo sind da Anführer wie Nine-Toes oder Face McShooty?
Die Rekrutierung von Lilith schaut aus als hätte man die Kulissen von Blade Runner neonfarben ausgeleuchtet, da ist der Höhepunkt wohl die Holomaske, die es erlaubt ein fremdes Gesicht zu tragen.
Und nicht zuletzt die mittelmäßige Auflösung des Rätsels um dem Vault an sich. Da vergisst man fast, dass alle guten Szenen bereits im Trailer verbraucht wurden und das restliche Füllwerk zwar zusätzlich 100 Minuten Laufzeit sind – allerdings so inhaltsleer wie Claptraps Witze.
Totalausfall, wie der gesamte Film. 3 von 10 Punkten? Bitte nicht schießen, ich bin nicht unzerstörbar wie Claptrap.
Musik
Bekommen wir wenigstens hier die Musik der Spiele? Ich meine, Eli Roth hat doch bestimmt von Tarantino gelernt, der mit dem Soundtrack auch einen mittelmäßigen Film raushauen kann.
Da haben wir mal Motörhead mit „Ace of Spades“ – me likey. Dann Shaka Khan mit „Like Sugar“ – wer’s mag. The Heavy mit „How you like me now“ – naja, dank Guardians und Deadpool und Co zwar die letzten Jahre zu Tode gespielt, aber ein weiterer Pluspunkt. The Muse performen „Supermassive Black Hole“, The Black Keys hauen „Shine a Little Light“ dazu… damit ist fast der gesamte Soundtrack durch. Und doch der Höhepunkt des Films. 7 von 10 Punkten.
Borderland Spezialeditionen
Zum Film erscheinen zwei Steelbook Editionen.
Filmkritk
Fazit
Das Rating PG-13 ist der größte Hemmschuh, nach fehlender Story, Kontinuität zu den Spielen, und den fragwürdigen Casting Entscheidungen. Die ersten Einblicke ließen nichts Gutes erwarten. Hier begann sich – wie bei Aftershock – der Tsunami aus Scheiße für den Shitstorm aufzubauen, und traf uns mit der Veröffentlichung mit voller ungebrochener Gewalt – hätten wir diese nur im Film erleben dürfen, es wäre vielleicht Borderlands gewesen. Denn wie die Kritiken zeigen, gefällt der entschärfte Film anscheinend weder Kritikern noch Zuschauern – zuletzt eher eine Seltenheit, dass sich beide Lager einig sind. Wie Fallout bewiesen hat, funktioniert ein Open-World-Format als Serie besser – und genau das hätte Borderlands gebraucht und sich auch verdient gehabt. So reiht sich Borderlands mit 3 von 10 Punkten aus dem Stand auf dem Podest der schlechtesten Videospielverfilmungen aller Zeiten ein. Til Schweiger wird es freuen, denn seit Borderlands wird „Far Cry“ in diesen Rankings nicht mehr erwähnt. Bleibt noch das unappetitliche Schlusswort: wenn der Roland-Cosplayer im Kino nicht der größte Nerd ist – denn da hat sich wohl jemand als Pisswash Gully verkleidet – zumindest was den Geruch angeht. Ob das Absicht war… lass ich mal so im Raum stehen. Wenigstens war Borderlands auf der Leinwand für diesen Kinosaal an diesem Abend nicht das schlimmste, was sie ertragen mussten.