Jetzt muss ich Farbe bekennen, aber: ich bin ein Star Trek Fan. Die Filme, Serien, Romane, Spiele. Mein erster Kinofilm aus diesem Franchise war (leider) Star Trek Nemesis. Die JJ Abrams Reboots fand ich in Ordnung, aber auch Beyond ist mittlerweile fast zehn Jahre her. Die Serien seither waren von durchzogener Qualität, Lower Decks mal ausgenommen. Mit Sektion 31 soll nun ein düsterer Film den Kickoff für eine Serie liefern.
Story/Inhalt
Ein weiter Handlungsbogen ist nötig: in Star Trek Discovery wurde Michelle Yeoh als Captain Georgiou zuerst in den Promos gehypt, um dann im Piloten zu sterben. Im Verlauf der ersten Staffel kehrte sie dann als ihr Pendant aus dem „bösen“ Spiegeluniversum zurück: Imperatorin Georgiou (mit einem Haufen groß klingender Titel) stand aber in einem Machtkampf, den sie verloren hätte, wenn Michael Burnham sie nicht in die ihr Universum gebracht hätte. Hier half die Skrupellosigkeit der Terranerin zwar den Krieg mit den Klingonen zu beenden, doch sie war eine Gefahr (vor allem fürs saubere Image der Föderation). Also wurde sie aus dem Verkehr gezogen, um dann als Vollstrecker des Geheimdienstes Sektion 31 zurückzukehren. Als die KI Control besiegt war, floh die Discovery ins 31. Jahrhundert, wo Imperatorin Georgiou noch einigen Spaß mit Hologrammen und Gegnern hatte, bevor der Wächter der Ewigkeit sie vor einem schmerzhaften Tod retten musste, da das Spiegeluniversum leicht verschoben ist…
Wir befinden uns aber in der PRIME Timeline – also nicht, Discovery im 31. Jahrhundert, nicht Kelvin. Imperatorin Georgiou betreibt hier außerhalb des Föderationsraums eine Raumstation, als sie von Sektion 31 kontaktiert wird. Ein Team, besteht aus Agent Alok, Chamäleoid Quasi, Mecha-Anzug-Kämpfer Zeph, Fake-Vulkanier Fuzz, Deltanerin Melle und Sternenflotten-Lieutenant Rachel Garrett, hat den Auftrag, eine Massenvernichtungswaffe zu finden und zu neutralisieren. Widerwillig macht die Terranerin mit, doch schon bald zeigt sich, dass in dem Team ein Verräter sein muss. Ein Katz- und Mausspiel beginnt, wobei Georgiou nicht immer die Katze ist.
Was spannend und unterhaltsam sein könnte, ist weder Fisch noch Fleisch. Das kommt wohl raus, wenn man auf halbem Weg einen Serienpiloten zu einem Spielfilm ummodelt. In einer Serie wäre Platz über mehrere Folgen hinweg jedem Charakter etwas Raum zu geben, um ihn zu entwickeln. Hier wird alles hingeworfen mit der Hoffnung, dass die Fans es schon schlucken. Fehlanzeige!
Schauspieler
Michelle Yeoh als Captain und auch Imperatorin Georgiou war einer der Höhepunkte von Star Trek Discovery, wenn die Terranerin im Laufe der Serie aber auch etwas an Biss verloren hat. Hier in der Prime Timeline hätte es einen neuen Spielplatz (ohne Altlasten) geben können. Doch Yeoh, mittlerweile für „Everything Everywhere All at Once“ mit dem Oscar prämiert, scheint lustlos in die Rolle zurückzukehren, die von ihrem Charakterbild aber so viel Biss, Zynismus und Skrupellosigkeit brauchen würde.
Omari Hardwick (Army of the Dead, Spell) spielt Teamleiter Alok. Bei ihrem ersten Auftritt in Star Trek DS9 sind die Agenten von Sektion 31 mysteriös und skrupellos, dieser Agent ist eher ein Witz. Als hätte man einen unerfahrenen Datenanalysten ins Feld geworfen. Sorry, aber hier lachen sich Obsidianischer Orden, Tal’Shiar, V’Char und wie sie sonst noch heißen mögen, ins Fäustchen.
Das restliche Team besteht aus Sam Richardson (Veeps), Robert Kazinsky (Pacific Rim, Captain Marvel), Sven Rygrok (One Piece), Humberly Gonzalez (Utopia Falls) und Kacey Rohl (Serien: Arrow, The Magicians, Hannibal). Rohl spielt Rachel Garrett, Fans bekannt als der Captain der USS Enterprise-1701C. In der Serie TNG kam sie in der Folge „Yesterday‘s Enterprise“ kurz vor, wurde dort bei einem Angriff der Klingonen getötet und führte dazu, dass Lieutenant Natasha Yar mit der Enterprise-C durch eine Anomalie in eine aussichtlose Schlacht zurückflog.
Yeoh bleibt hinter ihren Möglichkeiten zurück (allerdings warum mehr abrufen?), der Rest hat mehrheitlich nur Serienerfahrung, und das ist sicht- und spürbar.
Regie
Olatunde Osunsanmi führte bereits 2018 bei einigen Short Treks Regie, sowie bei Star Trek Discovery. Also könnte man erwarten, dass er mit der Materie vertraut ist, oder zumindest weiß, woran er sich hier versucht und mit wie vielen argwöhnischen Augen die Fans seine Arbeit betrachten werden. Doch was er hier liefert, ist… schwer in Worte zu fassen. Gelegentlich sieht man etwas Star Trek im Ganzen, doch mehrheitlich ist es ein zusammenhangloser Versuch sich bei den Fans anzubiedern indem mit Namen, Orten oder anderen bekannten Dingen aus allen Filmen und Serien um sich geworfen wird, mit der Hoffnung, dass es schon irgendwie zusammenpasst. Selbst wenn hier ein Pilotfilm umgemodelt wurde, kann jemand, der schon einige Erfahrung hat, mit dem Endergebnis nicht zufrieden sein. Geschweige denn hinstehen und sagen: da bin ich stolz drauf!
Osunsanmi führte 2009 Regie in dem Alien-Entführungs-(Pseudo)-Dokumentarfilm „Die Vierte Art“, mit Milla Jovovich in der Hauptrolle, oder in Folgen von Serien wie der Stephen King Adaption „Under the Dome“, der Post-apokalyptischen Serie „The Last Ship“, den Science-Fiction Serien „Falling Skies“ und „Minority Report“, den DC-Serien „Legends of Tomorrow“ und „Gotham“ sowie einzelnen Folgen in den Serien „Blindspot“, „Sleepy Hollow“ und „Bates Motel“. Also kann sich die Regie nicht darauf berufen, keine breit gefächerte Erfahrung zu haben.
Nachbearbeitung
Normalerweise würde ich allein für den Fanservice ein paar Punkte mehr vergeben, doch dieses Elend konnte ich mir nicht mal mit Romulanischem Ale schön saufen (und ich habe es versucht!). Wie schon bei der Regie erwähnt, wurden einfach Namen, Orte und andere Star Trek typische Dinge auf einen Haufen geworfen, in der Hoffnung, dass es irgendwie schon etwas werden würde. Wir bekommen diverse, lange verschollene Rassen wieder mal zu sehen: Deltaner (Star Trek – der Film), Chamäleoniden (Star Trek VI– das unentdeckte Land), einem Mech Krieger (der verdächtig die Grundlage für einen Borg liefern könnte), und etwas, das wohl vom Set von „Men in Black“ ausgeliehen wurde.
Trotzdem ist diese lieblose „Verbreiung“ des Inhalts einer gesamten Franchise keinen einzigen Disruptorstoß wert. Und nicht zuletzt liefert uns dieser Film die trostloseste und lächerlichste Liebesbeziehung seit Twilight – und das bei Star Trek.
Musik
Musik eile zur Rettung – aber Fehlanzeige. Da hilft nur noch den Warpkern abwerfen. Die Schilde sind runter, die Hülle irreparabel beschädigt, die Lebenserhaltung versagt. Aber es könnte schlimmer sein, irgendwie. Vielleicht eine klingonisches Hiphop-Album? Nein, das wäre zu ehrlos!
Filmkritk
Fazit
Wenn ich auf die Straße schaue, werde ich das Gefühl nicht los, dass wir wohl im „bösen“ Spiegeluniversum leben. Vielleicht könnte ich mich auch damit abfinden, dass wir bestenfalls als die Kazon dieser Zeitlinie enden würden. Doch wenn DAS nach 23 Jahren das Beste ist, was Star Trek für die Prime-Timeline zusammenbringt, dann hört BITTE auf. Gene Roddenberry wird in seinem Grab rotieren, vor allem bei den letzten Beiträgen zum Franchise. Discovery und Picard waren noch erträglich, Prodigy ist ein verkannter Goldschatz und Lower Decks sowie Strange New Worlds haben ihr Alleinstellungsmerkmal, starke Charaktere und guten Fanservice im richtigen Maße. Doch nach diesem Film ist mir die Lust an allem, was mit Sektion 31 zusammenhängt, vergangen. Ich kann mir das nur so erklären: Chat-GPT hat ein Drehbuch geschrieben, dass von Leuten, die noch nie irgendwas mit Star Trek zu tun hatten, durchgewunken wurde. Dann setzten Leute, denen alles egal war, solange sie ihren Gehalt kriegen, dieses Drehbuch um. Der Film wurde dann Leuten gezeigt, die ebenfalls noch nie irgendwas von Star Trek gesehen oder gehört hatten, und befanden es für gut. Dann wurde es veröffentlicht… und man wundert sich, dass es abstinkt. Ich bereue es für diesen Film auch noch bezahlt zu haben. Der ist keinen Streifen Latinum, ja nicht einmal ein Bruchstückchen, wert. Ich ertränke die Erinnerung jetzt in einem Fass Blutwein und hoffe, dass alle Beteiligten dafür vom Hohen Rat entehrt, und dann nach Rura Penthe geschickt werden.