Ist Arthur Fleck der Joker, Nemesis von Batman, Prinz des Verbrechens in Gotham? Seit 2019 warten wir auf die Antwort. Endlich wird sie uns geliefert – als Musical. Nun, nicht wie ursprünglich geplant als vollständiges Musical. Aber der Joker singt im Nachgang der Ereignisse rund um seinen Knalleffekt in der Murray Franklin-Show seine Beweggründe vor Gericht.
Story/Inhalt
Nachdem der Aufstand in Gotham beendet ist, sitzt Arthur Fleck im Arkham Hospital und wartet auf seine Gerichtsverhandlung. Hier erhält er die medizinische Behandlung, die im ersten Teil gestrichen wurde, wodurch sich sein Zustand drastisch verbessert. Bei einer Selbsthilfegruppe lernt er Lee Quinzel kennen, die aber nicht den besten Einfluss auf ihn hat. Lee, ein Fangirl, hat sich als sie Fleck während des Aufstands im Fernsehen sah, in ihn verliebt und würde alles tun, um an seiner Seite zu sein. Doch durch die Medikamente ist der Teil, den sie liebt, ruhiggestellt. So sabotiert sie die Verhandlungsstrategie von Flecks Anwalt, denn sie will den Joker – nicht Arthur Fleck.
Vor Gericht fordert der junge aufstrebende Anwalt Harvey Dent wegen Anstiftung zum Aufstand die Todesstrafe für Fleck, während die Verteidigung beweisen will, dass Fleck aufgrund seiner Erkrankung nicht zurechnungsfähig war und nur in Arkham ein zufriedenes Leben führen kann. Überraschenderweise entlässt Arthur auf Drängen von Lee Quinzel seine Verteidigung und vertritt sich selbst – mit Schminke und einigen Witzen im Ärmel. Seine Fans – gerne auch in Clownskostümen – warten auf den nächsten Knall.
Einerseits wird der Charakter des Arthur Fleck tiefer ergründet, andererseits beschränkt sich die Handlung aber dabei darauf die Ereignisse des ersten Films Revue passieren zu lassen. Wenn Arthur Fleck seinen Blickwinkel auf die Welt verändert, geschieht dies mit Gesangseinlagen. Genau betrachtet geschieht hier aber nicht viel Neues, was bei 2:20 Stunden für einige Längen sorgt.
Schauspieler
Joaquin Phoenix (Napoleon) glänzt wieder in seiner Rolle, doch dieses Mal hat er eine Begleitung, die ihm die Show etwas stiehlt. Denn mit Lee Quinzel tritt Lady Gaga (House of Gucci) ins Rampenlicht. Das durch Margot Robbies Darstellung der Harley Quinn populär gewordene Fangirl des Batman-Bösewichts Joker ist ein teuflischer Manipulator, der sich zunächst Zugang zu Arthur Fleck verschafft und ihn dann manipuliert, nicht Arthur Fleck, sondern der Joker zu sein. Dass sie dabei nicht nur sein Leben riskiert – immerhin verlangt Staatsanwalt Dent die Hinrichtung – sondern auch andere Fans dazu verleitet einen neuen Aufstand anzuzetteln, ist ihr herzlich egal. Girls just wanna have fun… In den Gesangseinlagen begegnen sich Phoenix und Gaga auf Augenhöhe; Phoenix überzeugte bereits in „Walk the Line“, und Lada Gaga wählte das Schauspiel erst als zweiten Karriereweg.
Aus dem ersten Teil kehren Zazie Beeth und Leigh Gill als Zeugen zurück, außerdem darf Brendan Gleeson als sadistischer Gefängniswärter ran.
Regie
Todd Phillips war mit der Interpretation der Zuschauer zur Aussage des ersten Teils nicht zufrieden. Er kritisierte die Ansicht, Arthur Fleck sei ein Anarchist (wie Heath Ledgers Interpretation), und zeigte mit diesem Film wie er die Rolle sieht: nämlich als arme, kranke Person, die sich in eine bunte musikalische Traumwelt flüchtet, wenn die reale Welt ihn übermannt. Bewusst nimmt er den Fokus etwas von der Rolle der Lee Quinzel weg, damit Lady Gaga hier nicht mit der Harley Quinn von Margot Robbie verglichen wird.
Einen Film auf einer Gerichtsverhandlung aufzubauen, der dann auch noch „nur“ die Ereignisse des ersten Teils noch einmal durcharbeitet, ist ein Risiko, dass aber aufgeht. Für das Wordbuilding tut sich viel, und Phillips zeigt umfänglich auf, dass Arthur Fleck ein einfacher, aber sehr kranker Mann ist, der endlich die nötige Hilfe erhält. Ein doppelter Mittelfinger an alle, die 2019 den Anarchisten Fleck als Vorstufe zum „Dark Knight“-Joker sahen. Chapeau, Mister Phillips.
Nachbearbeitung
Das Gefängnis in Arkham ist ein düsterer, feuchter Ort, an dem man nicht sein will – ein Gefängnis eben. Die sadistischen Wärter, allen voran der von Gleeson gespielte Sullivan, machen den Ort nur noch unerträglicher. Kein Wunder, dass Arthur Fleck die musikalische Welt erschafft, in der er endlich seine eigene Show hat und immer im Scheinwerferlicht steht. Wenn doch die Realität in seinen Traum eindringt, wird auch diese Welt düsterer, etwa wenn Lee Quinzel auf ihn schießt. Aber sofort blendet er dies aus und fällt wieder in eine fröhliche Gesangsnummer.
Der angekündigte Gesang, der viele skeptisch stimmte, ist überraschenderweise weniger störend als erwartet. Vielmehr bekräftigt es immer den Bruch zwischen Realität und Flecks Traumwelt, umschreibt musikalisch seine Beweggründe und erforscht seine wirkliche Wahrnehmung. Allerdings übernimmt hier Lady Gaga die Fackel und dominiert diese Sequenzen. Eine Sache, die es im ersten Teil einfach nicht gab und dadurch die Leistung von Phoenix vergleichbar macht.
Musik
Beim Gesang, der in der ersten geplanten Fassung umfangreicher gewesen wäre, liefern die Swing- und Jazzeinlagen eine schöne Ergänzung zum sonst eher trockenen Gerichtsverfahren und dem düsteren Gefängnisalltag in Arkham. Es ist kein „Walk the Line“ oder „A Star is Born“, doch weniger störend als erwartet.
Filmkritk
Fazit
Die Fortsetzung kann nicht an den ersten Teil heranreichen. Dafür stellt Regisseur Todd Phillips klar, wo Arthur Fleck steht und wer der Joker ist. Lee Quinzel muss auch nicht zwingend zu Harley Quinn werden, Fangirl- und boys gibt es in diesem Gotham schon genug. Zeit, dass ein dunkler Ritter da mal aufräumt.