Vom 27. Mai bis zum 5. Juni lief dieses Jahr in Klausenburg, in Rumänien das 15. internationale transsylvanische Filmfestival. Ich hatte das Vergnügen dabei zu sein und werde euch nun einige Eindrücke vom Festival und von den Filmen, die ich dort sah, schildern.
Generell wird innerhalb des Festivals unter mehreren Kategorien von Filmen unterschieden. In der Kategorie „Shadow Shorts“ wurden Kurzfilme aus dem Horror-, Fantasy und Science Fiction-Genre gezeigt, während Dokumentationen unter dem Titel „What’s up, Doc?“ vorgeführt wurden und auch Klassiker wie „Taxi Driver“ wurden gezeigt. Andere Kategorien konzentrierten sich auf Produktionen aus Kroatien, Litauen und auch dem Lebanon. Allerdings war es mir natürlich nicht möglich all diese Filme zu sehen und all diese verschiedenen Kategorien auszuprobieren. Ich konzentrierte mich vor allem auf die Kategorien „Supernova“ und auf die „Sion Sono Retrospective“.
Was erstere Kategorie angeht, so wurden Filme gezeigt, die bereits auf anderen Festivals Kritiker-, oder Publikumslieblinge waren. Als erstes sah ich also „Maggie’s Plan„, eine romantische Komödie mit Greta Gerwig, Ethan Hunt und Julianne Moore. Der Film war eine nette, wenn auch nicht sehr bedeutungsvolle kleine romantische Komödie, wobei vor allem die geniale Julianne Moore, mit ihrem exzentrischen Charakter die Show stahl. Als nächstes war „Between Land and Sea“ dran. Ein Drama um einen schwer erkrankten jungen Mann, der mit seiner Mutter in einer ärmlichen Gegend in Kolumbien wohnt. Der Film war beeindruckend was die darstellerischen Leistungen betrifft und ging teilweise wirklich zu Herzen. Allein die sehr melodramatische, pompöse Filmmusik war mir ein Dorn im Auge. Nach dem Film war noch der Hauptdarsteller und Drehbuchschreiber Manolo Cruz für eine kleine Q&A Runde da. Man merkte an seinen Antworten auf die verschiedenen Fragen, dass der Film für ihn wirklich eine Herzensangelegenheit war. Er selbst meinte der Film wäre durch „Luft und Liebe“ entstanden. Als Letztes sah ich dann in dieser Kategorie das polnische Drama „United States of Love“ welches das Liebesleben von 4 polnischen Frauen kurz vor und nach dem Fall der Mauer beleuchtet. Ein tolles Drama mit guter Regieführung und tollen Darstellern, was sich allerdings hin und wieder doch sehr wie ein Müßiggang anfühlt und sicherlich den einen oder anderen langweilen wird. Regisseur und Drehbuchautor Tomasz Wasilewski stand später dann auch für ein kleines Q&A Rede und erklärte vor allem warum er so gerne Filme über Frauen macht, dass er viel unter Frauen aufwuchs als die Mauer fiel und auch heute noch eher von Frauen in Filmen als von Männern fasziniert ist. Bei so einem sympathischen Regisseur freut man sich gleich doppelt, dass er für den Film den silbernen Bären für das beste Drehbuch in Berlin erhielt.
Außerhalb der Kategorie „Supernova“ sah ich außerdem noch „Son of Saul„, das beeindruckende Kriegsdrama welches den Oscar für den besten fremdsprachigen Film erhielt. Meiner Meinung nach Zurecht, denn ich habe nie zuvor mich so sehr in die Lage von KZ-Inhaftierten versetzen können, was auch an der grandiosen Kameraführung lag. Weiterhin hatte ich das Vergnügen den litauischen Science Fiction-Film „Vanishing Waves“ anzusehen. Dieser Film handelt von einem Experiment bei dem die Gedanken und Erinnerungen eines komatösen Testobjekts an unseren Protagonisten Lukas weitergeleitet werden. Größtenteils unvorhersehbar und auf positive Weise überraschend wirkt dieser Film, wenn man sich vorher nicht darüber informiert. Neben den Effekten, die für eine solche Produktion erstaunlich gut sind, überzeugt vor allem die unkonventionelle Geschichte, die doch ganz andere Züge annahm, als ich
zunächst erwartete. Aus der „Sion Sono Retrospective“ sah ich ebenfalls drei Filme. Die Kategorie bestand allein aus Filmen des japanischen „Skandalregisseurs“ Sion Sono. Der erste dieser Filme war „Guilty of Romance“ der von einer unglücklich verheirateten Frau handelt, die nach und nach immer mehr in das Leben einer Prostituierten, in einem der „Love hotel districts“ in Tokio hineingezogen wird. Davon abgesehen, dass der Film was Gewalt und Sexualität angeht sehr grafisch ist, macht dieser auch ein paar tolle Aussagen über Emanzipation und Masochismus, der wohl teilweise in Japan noch recht verbreitet ist. Sono selbst meinte im Q&A, seine Protagonistin sei am Ende des Films nicht unbedingt glücklicher als am Anfang, aber auf jeden Fall freier als zuvor. „Suicide Club“, der Film Sonos den ich als nächstes sah rief bei mir dann eher eine sehr gemischte Reaktion hervor. Einerseits hatte der Film, wie im übrigen auch „Guilty of Romance“, viel schwarzen Humor und explizite Gewalt, doch die Handlung, die sich um eine brutale
Selbstmordwelle in Japan dreht, war teilweise so verwirrend und merkwürdig gestaltet, dass dies der wahrscheinlich merkwürdigste Film war den ich je gesehen habe. Ich konnte, als ich aus dem Kino ging meine Gedanken gar nicht richtig erfassen, so verwirrt war ich von dem was ich auf der Leinwand sah. Schwer anzuschauen ist der Film auf jeden Fall, doch er bringt den Zuschauer auch
stark zum Nachdenken und ist nun einmal komplett einzigartig, weshalb ich mit solchen gemischten Gefühlen wegging.
Keinerlei negative Kritik hingegen habe ich an Sonos 4 Stunden langem Meisterwerk „Love Exposure“ auszusetzen. Man sollte meinen ein Film der solch eine lange Laufzeit hat, würde irgendwann einmal langweilig werden. Doch dies war bei „Love Exposure“ nicht für eine Sekunde der Fall. Dieser Film ist brutal, unheimlich lustig, tiefgründig, sozialkritisch und vor allem erzählt er die wohl skurrilste und schönste Liebesgeschichte, die sich oft nicht so entwickelt wie man es erwarten würde. Von allen Filmen die ich in Klausenburg sah, war „Love Exposure“, der Film den ich nun zu einem meiner Lieblinge zähle.
Natürlich gab es noch viel mehr Filme zu sehen und viel mehr zu entdecken. Wer nun daran denkt vielleicht nächstes Jahr auch auf dieses Festival zu gehen, dem kann ich dies nur wärmstens empfehlen, denn nicht nur kriegt man Filme zu sehen, die man nicht alle Tage sieht, die Stadt an sich ist auch ein tolles Erlebnis und das Personal, das an dem Festival arbeitet war immer freundlich und professionell. Also, vielleicht sieht man sich dann ja nächstes Jahr in Klausenburg wieder.