Gesehen auf dem Filmfest Hamburg, Kinostart am 17. Oktober 2025
The Mastermind ist ein ruhig erzähltes Krimi-Drama mit humorvollen Momenten und handelt von dem arbeitslosen Tischler und Familienvater James Blaine Mooney („J.B.“ genannt), der unzufrieden mit seinem ereignislosen Leben ist und das Gefühl hat, für mehr bestimmt zu sein.
Der Film spielt in den frühen 1970er-Jahren und ist eine Charakterstudie. J.B. Mooney lebt zusammen mit seiner Frau Terri und seinen Söhnen Carl und Tommy in einem kleinen Vorort von Massachusetts. Um seinem perspektivlosen Leben zu entkommen, plant er mit seinen eher unzuverlässigen Komplizen den Raub von vier Kunstgemälden aus einem lokalen Museum. Ihr Plan ist allerdings alles andere als wasserfest und schon bald sind sie auf der Flucht vor dem Gesetz. Gleichzeitig droht J.B. alleine in seinen Problemen zu ersticken, weil das Verhältnis zu seiner Familie immer komplizierter wird und seine Freunde sich von ihm abwenden.
J.B. Mooney wird gespielt von Josh O’Connor, den viele sicher schon in Challengers und der Serie The Crown lieben gelernt haben. Auch vor 2 Jahren habe ich beim Filmfest Hamburg einen seiner Filme vorzeitig sehen dürfen – und zwar La Chimera, der mir sehr gut gefallen hat.
In The Mastermind blüht Josh O’Connor erneut in seiner Rolle auf und überzeugt als gescheiterter Mann, der in seinem Wunschdenken zu versinken droht und dabei das Wesentliche, insbesondere seine Familie, aus den Augen verliert. Er hat dabei wie immer eine starke Präsenz und trägt den Film auf seinen Schultern.
Seine Frau Terri wird von Alana Haim gespielt, die vor allem durch ihre Hauptrolle in Licorice Pizza an Bekanntheit gewonnen hat. Zwischen unterdrückter Wut und Empathie stellt sie das Ungleichgewicht der Ehe mit J.B. glaubwürdig dar, aber wird leider kaum in Szene gesetzt. Ich hätte mir gewünscht, dass der Film etwas tiefer in die Beziehung der beiden eintaucht, aber Regisseurin Kelly Reichardt scheint nur an dem Innenleben von J.B. interessiert zu sein. Die Söhne Carl und Tommy werden von Sterling und Jasper Thompson verkörpert und sorgen regelmäßig für auflockernde Lacher in dem insgesamt eher bedrückenden Drama. In weiteren Kurzauftritten sind John Magaro (Past Lives, September 5) und Bill Camp (12 Years A Slave, Joker) zu sehen, aber das Drehbuch gibt ihnen kaum mehr als einige Minuten Zeit und keine Chance zu glänzen.
Kelly Reichardt schafft von der ersten Szene an eine besondere Atmosphäre, die gleichermaßen ruhig und unterschwellig bedrohlich wirkt. Die Kameraarbeit ist typisch für sie – beobachtend, mit vielen langen Einstellungen und langsamen Kamerafahrten. Der visuelle Stil und das Setting der 70er-Jahre haben mir gut gefallen. Neben der starken schauspielerischen Leistung von Josh O’Connor ist der Jazz-Score für mich aber das Glanzstück des Films. Er ist verspielt, prägnant und unterstreicht die Atmosphäre auf eindrucksvolle Weise. Es ist Rob Mazureks erste Filmkomposition und möglicherweise der Auftakt zu einem neuen und erfolgreichen Karriereabschnitt.
Filmkritk
Fazit
Insgesamt konnte The Mastermind in mir den Wunsch wecken, mich weiteren Projekten von Kelly Reichardt zu widmen. Der atmosphärische Drahtseilakt zwischen Melancholie, Witz und Spannung ist ihr gut gelungen und Josh O'Connor war die perfekte Wahl für die Hauptrolle des zwischen Selbstüberschätzung und innerer Leere schwankenden Vorstadtvaters. Ich hätte mir gewünscht, dass der Fokus zwischendurch stärker auf seine Familie und den Kunstraub gelegt wird, um der Geschichte mehr Tiefe zu geben und einige Längen in der Mitte auszugleichen. Dennoch hatte ich viel Freude mit dem Film und fand ihn sehenswert.