Warum muss der deutsche Titel des Films Sinners auf Deutsch „Blood & Sinners“ lauten? Nur weil Vampire darin vorkommen. Spoiler: die glitzern nicht, zum Glück. Dafür tanzen sie.
Story/Inhalt
Der Film beginnt mit Sammie, der blutüberströmt mit den Resten seiner Gitarre in die Kirche taumelt. Dann beginnt die Rekonstruktion wie es dazu kam: die Zwillinge Smoke und Stack kehren aus Chicago in ihre Heimat zurück: die Taschen voller Geld, mit einem LKW voller italienischem Wein, irischem schwarzgebrannten Whiskey und einem Plan. Sie kaufen eine aufgelassene Mühle, um ein Juke Joint zu eröffnen: ein Bar von Schwarzen, für Schwarze. Dazu holen sie auch ihren Neffen Sammie, einen begnadeten Gitarrenspieler an Bord. Es soll eine beeindruckende Nacht werden – und das wird es auch, doch anders als erwartet. Denn ein Vampir wird angelockt und crasht als ungeladener Gast die Partie. Statt einem perfekten Einstand beginnt ein Kampf ums Überleben.
Die Geschichte hat viele Nebenstränge, vor allem aus der Vergangenheit der Zwillinge, die zuerst lose zusammenwirken und gegen Ende zu einem dichten Netz zusammenkommen. Viele Herausforderungen der Zeit – vor allem der offene Rassismus und Vorurteile, auch vor den eigenen Leuten – sind ebenso Teil der Handlung wie die Entwicklung des kleinen Pastorensohns Sammie zum Mann.
Schauspieler
Michael B. Jordan (Black Panther, Creed, Gnadenlos) spielt in der Doppelrolle die Zwillinge Smoke and Stack. Dabei sind es sehr unterschiedliche Charaktere: einer eher ruhig und geschäftsorientiert, der andere laut und aufbrausend. Jordan dominiert die Leinwand, obwohl der wahre Hauptcharakter Sammie Moore ist, gespielt von Miles Caton. Caton spielt hier seine erste Rolle in einem Film.
Hailee Steinfeld (Spiderman – Across the Spiderverse, The Marvels) spielt Mary, eine Halbschwester der Zwillinge. Trotz ihrer hellen Haut sieht sie sich der Community zugehörig, will nicht ausgeschlossen oder zur Seite geschoben werden, und setzt sich mit ihrem Willen durch.
Jack O’Connell (Unbroken, `71 – hinter feindlichen Linien) spielt den weißen Vampir Remmick. Angezogen von Sammies Musik verwandelt er der Reihe nach die Gäste, um an Sammie heranzukommen. Was einem weißen Mann bei dem afroamerikanischen Lokal nicht leicht fällt.
Weitere Rollen spielen Andrene Ward-Hammond, Tenaj L. Jackson, Delroy Lindo (Anarchie), Li Jun Li (Babylon – Im Rausch der Ekstase) und Jayme Lawson (The Woman King, The Batman).
Regie
Ryan Coogler und Michael B. Jordan gehen in ihrer Arbeit wohl Hand in Hand. Coogler führte bei den folgenden Filmen Regie, in denen Michael B. Jordan die Hauptrolle spielte: „Black Panther“, „Creed: Rockys Legacy“, „Nächster Halt: Friutvale Station“. Dazu war er an den Drehbüchern der anderen Creed-Filme beteiligt und produzierte unter anderem die Fortsetzung von „Space Jam“.
Dieses Mal liefert er einen Genre-Mix von Horror und Musikfilm, der sich nicht scheut, die damals vorherrschenden Verhältnisse zu zeigen. Der Film ist genau ausgewogen, um zu zeigen, zu erzählen, aber auch zu unterhalten. Dazu mehr in der Nachbearbeitung.
Nachbearbeitung
Die Schwarzen sind nur auf dem Papier frei, ihr Tag wird von harter, schlecht bezahlter Arbeit dominiert, und die Weißen warten nur auf eine Möglichkeit oder einen Vorwand über sie herzufallen, obwohl der rassistische Ku-Klux-Klan eigentlich aufgelöst sei. Die Chinesen, die den Lebensmittelhandel betreiben, stehen in dieser Welt kaum besser da. Um einen typischen weißen Mann aus dem Spiel Mafia III, das aber 30 Jahre später spielt, zu zitieren: „Schwarze (hier nur er das N-Wort), Chinesen, Iren – sie alle wollen einen Platz am Tisch und glauben sie sind die gleich guten Menschen wie wir Weiße“.
Ergänzend dazu die Position von Mary: als Mischling gehört sie zu keiner Gemeinschaft wirklich dazu. Darum steht sie zwar zu ihrer (schwarzen) Familie, akzeptiert das vorherrschende Machogehabe der Zwillinge jedoch genauso wenig. Viele weitere Nebenhandlungen runden die Hauptstränge ab: so hatte Smoke bereits ein Kind, das im Kindesalter verstarb. Weder er noch die Mutter kamen darüber hinweg, haben sich nie richtig ausgesprochen und Smoke reagierte darauf, indem er nach Chicago ging.
Beide Zwillinge hatten sich freiwillig im Ersten Weltkrieg gemeldet. Doch erfuhren sie dafür keinen Respekt, lernten aber zu kämpfen und niemals aufzugeben. Der Blues gilt als Musik des Teufels, und bringt doch alle zum Feiern und zum Tanzen. Der Alkohol, der der vorherrschenden Prohibition zuwiderläuft, macht das ganze nur noch verruchter.
Und nicht zuletzt wird der junge Sammie in dieser Nacht zum Mann. Er erhält da nicht nur Tipps von seinen Cousins, die in der Großstadt Chicago waren, sondern durchbricht durch seine Liebe zu einer deutlich älteren Frau, auch noch die vorherrschenden Erwartungshaltungen an einen Pastorensohn. Sammie sucht eine Möglichkeit sich loslösen, auch ein bisschen seinen Cousins nachzueifern, ohne seine Pflichten zu vernachlässigen oder seine Familie im Stich zu lassen.
Musik
Neben diversen Traditionals aus der Region, irischen Traditionals sind es vor allem die Bluesnummern, die hier überzeugen. Miles Caton spielt die Gitarre ausgezeichnet und steuert auch zwei Songs zum Soundtrack bei (This Little Light of Mine, I Lied to You).
Filmkritk
Fazit
Die zwei Stunden vergehen hier wie im Flug. Guter Cast, gute Story und gut umgesetzt. Wer Blues gern hört hat noch ein Sahnehäubchen obendrauf. Selbst Leute, die mit Vampiren und Horror nichts anfangen können, sind hier gut aufgehoben: Schauspiel, Handlung und Musik stehen im Vordergrund. Und wenn der Abspann beginnt, in der Film noch nicht vorbei: Sitzenbleiben lohnt sich.




