Ein verlässlicher Nachschub ist für kriegsführende Parteien unablässig. Im Zweiten Weltkrieg waren die zivilen Hilfskonvois für die Sowjetunion eine Lebensader für die östlichen Alliierten, die vor allem auf Treibstoff und Waffen angewiesen waren. Für viele besetzte Nationen waren diese Konvois die einzige Möglichkeit ihren Beitrag zu leisten.
Story/Inhalt
Ein Konvoi auf Kurs auf den sowjetischen Hafen Murmansk wird auf halber Strecke aufgelöst, als die Alliierten erfahren, dass möglicherweise mehrere deutsche Großkampfschiffe ihre Häfen in Norwegen verlassen haben könnten. Die Kapitäne der Frachter haben nach Abzug der britischen Zerstörer die Wahl, nach Island zurückzukehren, um sich einem späteren Konvoi anzuschließen oder zu versuchen, das Ziel allein zu erreichen. Die Crew würde lieber nach Island zurückfahren, allen voran ein Maat, der selbst schon als Kapitän gefahren ist und sein Schiff versenkt wurde. Doch der norwegische Kapitän beharrt darauf weiterzufahren. Durch die Kapitulation und Besetzung Norwegens sieht er es als seine Ehre und Pflicht an die sowjetischen Verbündeten um jeden Preis zu versorgen.
Nachdem sie mit Glück durch ein Minenfeld schiffen können, beschießt ein deutsches Flugzeug den Frachter. Das Schiff wird beschädigt, der Kapitän verletzt, sodass sein Maat das Kommando hat. Möglicherweise bereits von U-Booten geortet und von weiteren Fliegern verfolgt, muss der Maat nun eine folgenschwere Entscheidung treffen.
Die Geschichte der Nordmeergeleitzüge ist ein eher unbehandeltes Kapitel des Zweiten Weltkriegs. Große Gefechte blieben mehrheitlich aus, dementsprechend ist wie auch im Film die Action eher mäßig. Die knapp 3 Wochen Fahrt blieben mehrheitlich ereignislos und beschränkten sich auf normalen Dienst, doch wie immer unter der drohenden Gefahr von U-Booten, Zerstörern oder Fliegern entdeckt und versenkt zu werden. Im Film wird mehr Fokus auf Charakterbildung gelegt, doch fällt auch hier etwas mittelmäßig aus. Das große Finale wird seinem Namen gerecht, doch wer einen actiongefüllten Kriegsfilm sucht, wird hier nicht fündig.
Schauspieler
Die Namen des Casts werden wahrscheinlich nicht viel aussagen.
Tobias Santelmann spielt Mørk, ehemaliger Kapitän eines Frachters und nun erster Maat. Als ehemaliger Kapitän leidet er an seinen Erfahrungen, findet aber unter dem Druck der Situation zu seiner alten Führungsstärke und bringt die Crew dazu, die Nerven zu wahren. Santelmann spielte in der Serie „The Last Kingdom“ die Rolle des Ragnar, in „Hercules“ neben Dwayne „The Rock“ Johnson eine Nebenrolle.
Anders Baasmo spielt Skar, den Kapitän des Frachters. Er sieht jede Versorgungsfahrt als Norwegens Beitrag den Nazis ein Schnippchen zu schlagen und die Besetzung seiner Heimat zu verkürzen. Raubeinig entspricht er dem Klischee des alten Seebären. Baasmo spielte unter anderem den norwegischen König in „The King’s Choice“, in dem die Invasion Norwegens filmisch umgesetzt wurde.
Heidi Ellingsen spielt die Funkerin des Frachters, die gleichzeitig als gute Seele der Crew fungiert. Nach dem Film „Sulis 1907“ war dies ihre zweite Filmrolle.
Regie
Die Regie führt Henrik Martin Dahlsbakken. Der 1989 geborene Norweger machte bereits 2015 mit „Die Rückkehr“ auf sich aufmerksam, und legte 2016 „The Cave – Bis zum letzten Atemzug“ nach. Seitdem auch international kein Unbekannter, folgten Versuche in unterschiedlichen Genres. Zuletzt der Horrorthriller „Possession“ (Anmerkung: leider ein Titel, der kein Alleinstellungsmerkmal darstellt. Darum auf das Produktionsjahr achten) und das Biopic „Munch“. Konvoi ist sein aktuellstes Projekt.
Mit fast zwei Stunden Laufzeit fallen einige Sequenzen zu langatmig aus, und das Filmplakat verspricht mehr Action, als geboten wird. Doch Dahlsbakken gilt mittlerweile als große Nummer des norwegischen Films und erfüllt mit Konvoi die Erwartungen auf jeden Fall.
Nachbearbeitung
Als Drehort wurde ein Museumschiff verwendet, dass sowohl im Ersten als auch Zweiten Weltkrieg Konvoi Missionen gefahren ist. Ein Bonus dafür. Aber ansonsten wurden einige Fehler begangen. Wie viele Liter weiße Farbe wären nötig um ein Schiff neu anzustreichen? Immerhin ist dies einer der Tricks um sich vor den deutschen Luftaufklärern zu verbergen. Auch ist für einen Konvoi die Ladung des Schiffs sehr überschaubar. Eigentlich wurde kein Meter verschwendet und die Schiffe bis zur maximalen Belastbarkeit beladen, was sie schwerfällig und mäßig manövrierbar machte. Doch hier hat die Besatzung genug Platz um durch die Laderäume oder auf Deck zu spazieren.
Die Konvois, die die Zielhäfen Murmansk und Archangelsk von Island oder Schottland aus anfuhren, wurden mit den Kürzeln PQ bzw. QP, je nach Fahrrichtung, geführt. Die Handlung dieses Films ist in PQ17 zu verorten, der mit insgesamt 23 versenkten Frachtern ein schwerer Fehlschlag war. Der Grund für Auflösung, die deutschen Großkampfschiffe, verließen allerdings niemals ihre Häfen, weil die deutsche Marineleitung nicht riskieren wollte diese Schiffe zu verlieren. Die Versenkungen erfolgten mehrheitlich durch U-Boote (15 Schiffe) und Flugzeuge (8 Schiffe). Die zivilen Schiffe waren nicht gegen Minen oder Torpedos gepanzert (wie Kriegsschiffe) und oft nur mit leichten Maschinengewehren, oder bestenfalls mit leichter Flak, ausgestattet. Zum Teil auch dem geschuldet, dass zivile Schiffe nach Seekriegsrecht als Prise hätten genommen werden können – bewaffnet galten sie als Kriegsschiffe und durften ohne Vorwarnung versenkt werden.
Musik
Insgesamt werden 13 Tracks verwendet, komponiert von Johannes Ringen. Sie untermalen die Szenerien und erwecken zum Beispiel bei der Minenräumung oder dem Versteckspiel im Eisfeld eine gewisse Spannung.
Filmkritk
Konvoi war in Norwegen natürlich bei allen Preise gesetzt (Amandapreise: 6 Nominierungen, CineFest: 2 Nominierungen). Gewonnen hat der Film bisher drei Preise, die Regisseur Dahlsbakken erhielt. Trotz der langsamen actionarmen Erzählung deckt Konvoi ein eher unbekanntes Thema des Zweiten Weltkriegs ab. Und wie aktuelle Konflikte zeigen, sind stabile Versorgungslinien ausschlaggebend für eine erfolgreiche Operation. Ohne angloamerikanischen Benzin hätten die Sowjettruppen nach Berlin marschieren müssen, und nebst modernen Flugzeugen und Infanteriewaffen wurden auch westliche Panzer und Geschütze geliefert, die maßgeblichen Anteil am Sieg über Nazi-Deutschland hatten.