Vor ein paar Jahren gelang es Tom Hanks mit seiner Darstellung des stets gut gelaunten Fred McFeely Rogers in „A Beautiful Day in the Neighborhood“ eine verdiente Oscar-Nominierung einzuhamstern. Nun verschlägt es den Hollywood-Schauspieler erneut in eine Nachbarschaft. Nach einem „Beautiful Day“ sucht man hier jedoch vergebens. Die titelgebende Figur in Marc Forsters „Ein Mann namens Otto“ ist nicht nur ein humorloser Ordnungsfanatiker, sondern vor allem Misanthrop aus Leidenschaft – zumindest auf den ersten Blick. Denn als die junge Marisol mit ihrer Familie in das Haus gegenüber einzieht wird sein Weltbild gehörig auf den Kopf gestellt.
Schauspiel – Hollywood meets Telenovela
Tom Hanks Interpretation des menschenfeindlichen Protagonisten ist von einer dezidierten Intensität geprägt, die jede Geste und jeden Ausdruck von Otto mit Bedeutung auflädt. Hanks beweist erneut, dass er verdienterweise als einer der Top-Schauspieler seiner Generation gehandhabt wird. Mit Mariana Trevino wurde hingegen eine Schauspielerin gecastet, der man die spanische Schauspielschule eindeutig anmerkt. An einigen Stellen verfällt Trevino in eine etwas zu überzogene Darstellung, nicht selten bekommt man „Telenovela-Vibes“. Dennoch gebührt der gebürtigen Spanierin Anerkennung für ihre strahlende Präsenz auf der Leinwand, die energiegeladenen Dialoge mit Otto sind eine willkommene Ablenkung aus dessen tristen Alltag.
Musik – Misanthropie in D-Moll
Filmmusik bildet die Grundlage, um beim Publikum eine emotionale Grundstimmung zu erzeugen. Da besagte Grundstimmung in „Ein Mann namens Otto“ eine größtenteils negative ist, spiegelt sich das auch auf dieser Ebene wieder. Sucht man online nach dem Soundtrack zum Film, bestätigen das auch die Titel der einzelnen Stücke: „Idiot“ und „So Angry“ sind zwei der von Thomas Newman (James Bond) komponierten Lieder, die während des Films im Hintergrund dahinplätschern. Ob die Tatsache, dass es sich hierbei um keine eingängige Musikuntermalung handelt nun der Thematik oder dem Komponisten verschuldet ist, bleibt offen.
Story – Love Thy Neighbor
„Ein Mann namens Otto“ ist die Adaption des schwedischen Bestsellerromans „En man som heter Ove“ von Fredrik Backman, der bereits 2015 von Hannes Holm unter demselben Titel verfilmt wurde. Während das Ausgangsmaterial sicherlich eher der Unterhaltungs- als der Weltliteratur zuzuordnen ist, weigern sich die Beteiligten, den melodramatischen Kern der Geschichte für hollywoodtypische Rührseligkeiten zu nutzen. Stattdessen wird unbeirrt an der Relevanz des Themas festgehalten: der Bedeutung guter Nachbarschaft und eines freundlichen Miteinanders.
Nachbearbeitung – Weniger ist mehr
Die Nachbearbeitung ist geprägt von einer subtilen Herangehensweise, die dem Drehbuch der schwedischen Vorlage treu bleibt. Im Gegensatz zum typischen amerikanischen Kino findet man hier keine übermäßigen Spezialeffekte, da der Fokus auf der Authentizität und Intensität der Handlung liegt. Der Schnitt fügt sich nahtlos in die Erzählstruktur ein und bleibt unauffällig, was bekanntlich das größte Lob ist, dass an ein Cutter-Team ausgesprochen werden kann.
Regie – Spiel mit Kontrasten
Durch die geschickte Inszenierung von Hanks‘ schauspielerischem Können gelingt es dem Regisseur Marc Forster eine Dynamik zwischen den Hauptcharakteren zu entfesseln, bei der sich Otto und Marisol gegenseitig herausfordern und zum Umdenken zwingen. Die Entscheidungen in Bezug auf Bildgestaltung, Lichtsetzung und Kameraarbeit tragen maßgeblich zum visuellen Appeal des Films bei und unterstreichen die Tiefe der dargestellten Charaktere. Forster jongliert mit den Kontrasten und Spannungen innerhalb der Geschichte und kreiert einen Film, der sein Publikum sowohl emotional wie auch intellektuell fesselt.
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Filmkritk
Fazit
"Ein Mann namens Otto" ist ein bemerkenswertes Filmwerk, das weit über eine einfache Nachbarschaftsgeschichte hinausgeht. Es bietet eine reichhaltige Charakterentwicklung und behandelt wichtige Themen wie Vorurteile, Einsamkeit und die transformative Kraft menschlicher Beziehungen. Tom Hanks zeigt erneut sein außergewöhnliches Talent und beweist, dass er zu Recht zu den besten Schauspielern unserer Zeit zählt.
