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Kaufen/Streamen:Ballad of a small Player ist ein melancholisches und psychologisches Drama, das die Geschichte von Lord Doyle erzählt – einem gescheiterten Hochstapler, der vor seiner Vergangenheit und insbesondere seinen Schulden nach Macau flüchtet.
Story/Inhalt
Lord Doyle lebt in Macau ein gefährliches Leben zwischen Alkohol- und Spielsucht. Seine wilden Nächte und sein luxuriöser Lebensstil, zollen schnell ihren Tribut, als Doyle endgültig bankrott geht und sich nur noch hinter einer Fassade verstecken kann, um den Schein des erfolgreichen und sorglosen Glückspielers zu wahren. Er hat Schulden bei zahlreichen Casinos der Stadt und als ihn die Ermittlerin Cynthia Blithe ausfindig macht, droht sein fragiles Kartenhaus endgültig in sich zusammen zu fallen. Andererseits hat Doyle auch Grund, neue Hoffnung zu schöpfen: Als er die mysteriöse Dao Ming kennenlernt, scheint sie ihn durchschauen und verstehen zu können. Sie eröffnet ihm die Chance auf einen gemeinsamen Neuanfang.
Schauspieler
Die Hauptfigur Lord Doyle wird von Colin Farrell gespielt – einem meiner Lieblingsschauspieler, den viele aus The Banshees of Inisherin und The Lobster oder aus dem Batman-Universum von seiner Rolle des Gegenspielers Penguin kennen. Bedauerlicherweise findet er in Ballad of a small Player keinen richtigen Bezug zu seinem Charakter. Sein Schauspiel ist nicht mehr als akzeptabel und fühlt sich holprig an, was bei Colin Farrell ein besorgniserregendes Anzeichen für ein schwaches Drehbuch ist.
Tilda Swinton verkörpert die zielstrebige Ermittlerin Cynthia Blithe. Einige ihrer bekanntesten Rollen hatte sie in der Vergangenheit in Filmen von Wes Anderson, wie The Grand Budapest Hotel und Moonrise Kingdom. Trotzdem ist es mir ein großes Rätsel, warum sie sich in „Ballad of a Small Player” als verdeckte Ermittlerin kleidet und die Haare macht, als wäre sie im Wes-Anderson-Universum. Das ist, offen gestanden, keine gute Methode, um nicht aufzufallen. An der Stelle hört das Nacheifern von Wes Anderson noch nicht auf, aber dazu später mehr. Man spürt, dass Tilda Swinton sich große Mühe gibt und Cynthia passt glücklicherweise besser zu ihr, als Doyle zu Colin Farrell.
Dao Ming, die Doyle als Möglichkeit auf ein neues und ausgeglichenes Leben sieht, wird gespielt von Fala Chen, die erst relativ spät mit dem Schauspielern begonnen hat, aber beispielsweise schon in Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings zu sehen war. Ich erinnere mich noch sehr gut an ihren ästhetischen tanzähnlichen Kampf mit Tony Leungs Charakter im Wald. In Ballad of a small player ist sie immer bemüht, aber bekommt leider deutlich weniger Verantwortung, sodass ihr Potenzial größtenteils ungenutzt bleibt. Der Rest der Nebendarsteller ist solide, bleibt aber unauffällig, weil der Film nur an Colin Farrells Lord Doyle und dessen Innenleben interessiert ist.
Regie
Edward Berger sollte inzwischen jedem ein Begriff als starker Regisseur der Filme Im Westen nichts Neues und Konklave sein. In seinem neuesten Werk stellt sich seine Regie aber erstaunlicherweise als Schwäche heraus bzw. als unpassend und kontrastrierend zur fehlenden erzählerischen Tiefe. Dadurch wirken viele stilistische Entscheidungen, als sollten sie vorrangig die narrativen Schwächen überdecken. Von der ersten Szene an fühlt man, dass die Tonalität, visuelle Aufbereitung und andere Bausteine des Films, nicht passend von Edward Berger zusammengesetzt sind. Die Kameraführung und Farbgebung erinnern stellenweise stark an Wes Andersons Produktionen und sind ohne Zweifel schön anzusehen, aber um die emotionale Geschichte effektiv zu transportieren, stellt sich dieser überdrehte Stil als nicht hilfreich heraus. Hinzu kommt, dass die Bildsprache im Laufe des Films mehrfach wechselt, sodass der Eindruck entsteht, zwei grundverschiedenen erzählerischen Ansätzen zu folgen, die weder zueinander finden noch sich gegenseitig ergänzen können.
Musik
Zu guter Letzt möchte ich noch auf den Score von Volker Bertelmann zu sprechen kommen. Sein Beitrag zu Konklave war im vergangenen Jahr einer der ganz großen musikalischen Lichtblicke und hat mich im Kino von der ersten bis zur letzten Sekunde begeistert. Sein Score für Ballad of a small player ist nicht weniger kraftvoll, aber wirkt wie so vieles andere, manchmal fehl am Platz und übertrieben. Als Colin Farrell beispielsweise die Rolltreppe herunterfährt, donnert die Musik so dramatisch, als würde er gerade einen Hai in der Tiefsee bekämpfen. Die Komposition wirkt für sich genommen dabei oft gelungen und dürfte alleinstehend sogar eindrucksvoll sein, aber steht leider nur selten im Einklang mit den Bildern von Edward Berger.
Filmkritk
Fazit
Zusammenfassend muss ich sagen, dass ich mir von Ballad of a small player viel erhofft und nur sehr wenig bekommen habe. Der Film möchte eine Charakterstudie über Sucht und die Suche nach einem Neuanfang zeichnen, verliert sich aber in einer erzählerischen Leere und dafür überambitionierten Bildern. Colin Farrell wirkt ungewohnt distanziert zu seiner Rolle und Edward Bergers Regie wirkt mal überladen und mal glanzlos, was es zusätzlich erschwert dem erschreckend schwachen Drehbuch von Rowan Joffe eine emotionale Tiefe zu verleihen. Die musikalische Untermalung von Volker Bertelmann klingt zwar energisch und lebendig, aber wirkt stellenweise ebenso fehl am Platz, wie die tonalen Umschwünge, die verschiedene Charaktere mit sich bringen. Es bleibt nur zu hoffen, dass dies ein einmaliger Fehltritt bleibt und Edward Berger mit seinen kommenden Projekten wieder an die Qualität seiner bisherigen Arbeiten anknüpfen kann.
 
			 
			



