Sie sind groß, gewalttätig und nicht die Hellsten – Trolle kennt man aus den verschiedensten Fantasyfilmen, von Harry Potter bis Herr der Ringe. Jetzt hat die Sagengestalt aus der nordischen Mythologie ihren eigenen großen Auftritt auf der Leinwand: Der Fantasy-Actionfilm „Troll“ des norwegische Regisseurs Roar Uthaug erschien am 1. Dezember 2022 auf Netflix und lässt einen gigantischen Bergtroll als Urmonster aufmarschieren. Nachdem er bei Sprengarbeiten in den Bergen Norwegens geweckt worden war, zieht er vom Norden bis hinunter in die Hauptstadt Oslo eine Spur der Verwüstung. Es liegt schließlich an der Paläontologin Nora Tiedemann, dem Regierungsberater Andreas Isaksen und dem Militär-Offizier Kristoffer Holm ihn zu stoppen.
Schauspieler – gute Wahl
Mit Ine Marie Wilmann (Nora Tiedemann), Kim Falck (Andreas Isaksen) und Mads Sjøgård Pettersen (Kristoffer Holm) hat Regisseur Roar Uthaug sehr gute Schauspieler für seine Hauptcharaktere gewählt. Sie spielen ihre Rollen wirklich überzeugend, auch wenn ihre Charaktere – wie alle in dem Film handelnden Personen – keinen besonderen Tiefgang und relativ stereotype Eigenschaften haben. Auch die anderen Charaktere sind grundsätzlich sehr stimmig dargestellt, wenn es auch keine Überraschungen dabei gibt.
Story – Zu oft gesehen
Bei Sprengarbeiten im Zuge eines Tunnelbaus für eine Eisenbahnstrecke wird etwas tief im Berg Lebendes aufgeweckt. Es stellt sich heraus, dass es ein riesenhafter Troll ist, wie man ihn aus den norwegischen Märchen kennt – nur will das zu Beginn einmal keiner glauben. Und das, obwohl der Troll nicht lange verborgen bleibt und schon bald mit den Protagonisten des Films zusammentrifft. Was dann folgt, lässt sich als klassischer Katastrophenfilm beschreiben: Der Troll, der nicht in bester Stimmung ist, bewegt sich Richtung Oslo und geht dabei auch nicht zimperlich mit Häusern und Menschen um, die ihm dabei im Weg sind. Niemand weiß, wie ihm beizukommen ist, also versucht man es mit brachialer Gewalt und schickt das Militär zu seiner Vernichtung, das – Überraschung! – den Troll nicht töten kann, sondern nur verärgert. Um es kurz zu machen: Die Story von „Troll“ erinnert sehr stark an zahlreiche andere Filme dieser Gattung, vor allem bei der Szene im Vergnügungspark fühlte ich mich stark an Jurassic World erinnert… Ja, die Handlung ist ziemlich Standard, obwohl dennoch einige gute Ideen eingebaut wurden und ich das Thema der norwegischen Folklore grundsätzlich sehr spannend finde.
Regie – Leider viele Klischee
Wie gesagt, „Troll“ ist ein klassischer Katastrophenfilm mit recht klassischen Charakteren dazu: Da wären der verrückte Alte, der einzige, der von Anfang an an Trolle glaubt, die toughe Wissenschaftlerin, die gemeinsam mit ihren „Sidekicks“ die einzige ist, die die Situation tatsächlich retten kann, eine Regierung, die glaubt, tun zu müssen, was nötig ist und dabei jeglichen gesunden Menschenverstand missen lässt, eine kluge und beherzte Nerdin, die die Protagonisten auf ihrer Mission unterstützt, und nicht zu vergessen der aggressive Macho, dessen Sturheit alles nur noch schlimmer macht. Und das Ganze sehr auf hollywoodesk getrimmt, sprich mit viel Action, Pathos und nicht allzu viel Erzähllogik. Was aber nicht heißen würde, dass der Film nicht unterhält: Es kommt durchaus Spannung auf und man fiebert mit beim Rennen gegen die Zeit. Darüber hinaus sind auch einige gute Ideen und Hintergründe in den Film eingeflossen, die allerdings leider sehr schnell abgehandelt werden. Positiv hervorgehoben werden sollen an dieser Stelle noch das Setting in der fantastischen norwegischen Landschaft und die Figur des Trolls, der teilweise mehr Tiefgang vermuten lässt, als einige der menschlichen Charaktere.
Nachbearbeitung – Top Effekte
„Troll“ kann mit wirklich guten Special Effects aufwarten: Explosionen, Zerstörungen und vor allem natürlich der Troll selbst sind erstklassig animiert. Hier kann sich der Film wirklich mit sämtlichen Produktionen großer Filmnationen messen. Auch die Gesichtszüge und die Mimik des Trolls sind zu erkennen und lassen vermuten, dass hinter dem Ungetüm, doch etwas mehr steckt, als man meinen möchte. Grundsätzlich ist der Film in eher kühlen Farben gehalten – bisweilen ist das Bild dabei sogar recht grell und hart – passend für die aussichtslose Situation. Am Ende bekommt der Film durch die aufgehende Sonne, sogar noch eine stark märchenhafte Komponente verpasst.
Musik – Nicht sehr aufregend
Der Soundtrack des Films war für mich nicht sehr auffällig. So gab es die klassische nervöse Actionfilm-Musik, die signalisiert, dass Unheil droht oder die Zeit für Handlungen zu knapp zu werden scheint. Schön war es allerdings, zum Abspann Edvard Griegs berühmtes „Hall of the Mountain King“ zu hören, nachdem sich der Regisseur scheinbar nach all den Hollywood-Klischees doch noch auf etwas „typisch Norwegisches“ rückbesonnen hat. Das Motiv der Halle des Bergkönigs taucht auch im Film auf, allerdings nur sehr oberflächlich und geht dabei leicht unter.
Filmkritk
Fazit
Wie bereits erwähnt worden ist, ist Roar Uthaugs „Troll“ ein Film, der mit einer wenig kreativen Handlung zahlreiche Hollywood-Klischees bedient und sogar sequenzenweise stark an andere Filme erinnert. Die Figuren sind – obwohl sehr gut gespielt – leider ebenso stereotyp. Einige interessante Ideen werden eingeführt, bekommen aber nicht genügend Raum, um sich wirklich zu entfalten, die Action und das Chaos überwiegen. Schön wäre es daher meiner Meinung nach gewesen, der Hintergrundstory, der norwegischen Folklore und mit ihr auch Griegs Komposition etwas mehr Platz einzuräumen, anstatt einen standardmäßigen Action-Fantasyfilm in Hollywood-Manier zu produzieren. Insgesamt ist der Film aber unterhaltsam und kurzweilig und wer mag, kann in ihm ja auch eine Parodie immer gleicher Actionstreifen sehen.
Fazit
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Schauspieler
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Story
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Regie
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Nachbearbeitung
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Musik