Quentin Tarantinos Werke sind seit jeher eine Marke für sich. Sein insgesamt achtes Werk aus dem Jahre 2015, stand zwischenzeitlich jedoch unter keinem guten Stern. Das Drehbuch gelangte Anfang 2014 illegal ins Internet, worauf das Regie-Genie überaus erbost reagierte und den Film zunächst komplett absagen wollte. Doch glücklicherweise entschied er sich dann doch noch um, denn auch „The Hateful 8“ ist wieder ein Ereignis. Warum das so ist, erfährt ihr hier.
Schauspieler – Ein brillantes Ensemble
Für die Besetzung nahm sich Tarantino wieder viele Schauspieler seines Stammpersonals zur Brust. Für Samuel L. Jackson etwa ist dies insgesamt bereits die sechste Zusammenarbeit. Als Major Marquis Warren muss Jackson endlich mal wieder nicht nur eine Augenklappe aufsetzen und darf so sein gesamtes schauspielerisches Repertoire bedienen. Gerade als Erzähler einer schwer verdauliche Geschichte liefert er dabei wieder einen unvergesslichen Auftritt ab. Aber auch einen Kurt Russell (Grindhouse), Walton Goggins oder Tim Roth, spornt Tarantino zu Höchstleistungen an und legt ihnen darüber hinaus noch denkwürdig geschliffene Dialoge in den Mund. Die größte Überraschung in diesem Ensemble liefert dann aber fast Jennifer Jason Leigh als Daisy Domergue ab. Ihre bedrohliche und fast schon psychopathische Austrahlung ist einmalig, völlig zurecht wurde sie hierfür für einen Oscar nominiert. Zu den hasserfüllten acht zählen auch noch Michael Madsen, Bruce Dern und Demián Bichir, zwar werden diese weit weniger in Erinnerung bleiben wie die zuvor genannten, dennoch liefern auch diese passable Leistungen ab. Darüber hinaus findet Tarantino auch noch eine nette kleine Rolle für Channing Tatum.
Story – Perfides Kammerspiel mit hohem Blutzoll
Die Grundstory wäre wie bei Tarantino oft, schnell erzählt. Doch er unterfüttert diese wie immer mit unzähligen Details und Nebengeschichten, deshalb fällt dies kaum auf. Die Geschichte ist dabei einmal mehr in Kapitel unterteilt, bis zu einem gewissen Punkt verläuft der Plot aber dennoch schön chronologisch und geradlinig. „The Hateful 8“ ist ein groß angelegtes Kammerspiel, für Tarantino auch überraschend politisch veranlagt, oft werden auch Erinnerungen an dessen Erstlingswerk „Reservoir Dogs – Wilde Hunde“ wach. Die Geschichte spielt auf engstem Raum, das steigert die Spannung und lässt im Laufe des Films eine einzigartige Gruppendynamik entstehen. Der Streifen wartet dann jedoch mit einigen Kniffen auf, so beginnt im letzten Drittel ein komplett neuer Film, welcher in einem blutspritzenden Showdown mündet. Nichts desto Trotz ist der Streifen zeitweise jedoch ziemlich zäh und dialoglastig. Mit einer Länge von annähernd drei Stunden braucht man auch einiges an Sitzfleisch. Für diese Geduld wird man dann zwar wie bereits erwähnt entlohnt, eine Straffung gerade im Mittelteil wäre jedoch wünschenswert gewesen.
Regie – Eine Klasse für sich
Zum zweiten Mal nach „Django Unchained“ nahm sich hier der einmalige Quentin Tarantino dem ausgestorbenen Genre der Pferdeopern an. Was 2012 funktionierte, funktioniert auch hier. Was Quentin Tarantino anfasst, wird Kult. Der Film trägt klar dessen Handschrift, neben seinen üblichen Markenzeichen huldigt er legendäre Schneewestern und wühlt ungeniert im Trashfundus der Filmgeschichte. Neben der brillanten Inszenierung überrascht er den Zuschauer einmal mehr mit dramaturgisch und visuellen Kapriolen sowie sehr ausführlicher Charakterdarstellung. Oft erzählt er dabei allerdings zu ausführlich, denn so nimmt er dem Film gelegentlich zu viel Geschwindigkeit raus. Davon abgesehen noch ein Lob an die Kameraführung. Selten wurden Landschaftsaufnahmen derart malerisch und perfekt eingefangen. Davon hätten wir gerne noch mehr gesehen.
Filmmusik – Oscargekrönt
Tarantino lässt für seine Filme selten eigene Stücke komponieren, meist wählt er aus bereits vorhandenen Musikstücken persönlich aus. Schon in einigen seiner früheren Filme verwendete Tarantino dabei mehrere Titel von Musik-Legende Ennio Morricone. Für „Django Unchained“ ließ er dann einige neue Stücke von Morricone komponieren, hierfür ließ er nun erstmal fast die komplette Filmmusik komponieren, wofür er den zu dem Zeitpunkt schon 86-jährigen Morricone noch einmal gewinnen konnte. Morricones unterschwellig brodelnden Töne passen dabei perfekt zum Film. Auch wenn dies nicht seine beste Arbeit darstellt, der daraus resultierende Oscar, übrigens Morricones erster, ist mehr als gerechtfertigt.
Nachbearbeitung – So wenig wie möglich
Tarantino verzichtet auf fast jeglichen digitalen Zwischenschritt. Wenn sich im Finale die Blutfontänen entladen wurde zwar womöglich ein wenig nachgeholfen, ansonsten ist hier so ziemlich alles echt. Als Verfechter des analogen Films kamen für ihn auch keine digitale Filmkameras in Frage und so griff er hierfür auf das längst in Vergessenheit geratene 70mm Breitbildformat zurück. Zuletzt wurde 1966 für „Khartoum“ mit solchen Kameralinsen gearbeitet, für „The Hateful 8“ holte er diese wieder aus der Mottenkiste. Das Ergebnis kann sich absolut sehen lassen, die Breite des Bildes und die Wiedergabe der Farben und Tiefe wirken total anders als digitale Bilder.
Filmkritk
Fazit: ein moderner Western für Nostalgiker
Mit seinem zweiten Revolverabenteuer liefert Quentin Tarantino einen gelungenen Mix aus Western und Kammerspiel. Wortreich und exzessiv, mit einem illustren Cast, viel Spannung, toller Musik, der gewohnt unkonventionellen Erzählweise Tarantinos und natürlich einem blutspritzendem Showdown. Dennoch gibt es, wenn auch verkraftbare, Abzüge. Der Film ist eindeutig zu lang und dialoglastig, streng genommen vielleicht auch ein wenig zu einfach gestrickt. Insgesamt nicht Tarantinos bester Film, dennoch auf sehr hohem Niveau. So sollte ein moderner Western aussehen, das Genre lebt wieder.
Fazit
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Schauspieler
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Story
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Regie
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Filmmusik
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Nachbearbeitung