John Malkovich spielt in einer deutsch-marokkanischen Co-Produktion den römischen Senator und stoischen Philosophen Seneca? Genau das gibt es diese Woche auf der Berlinale. Der Film von Regisseur Robert Schwentke (R.I.P.D., Der Hauptmann) präsentiert uns in Seneca – Oder: Über die Geburt von Erdbeben das Leben dieser einflussreichen historischen Figur auf moderne Art und Weise als bitterböse Komödie. Ob das aber auch funktioniert hat, sagen wir euch jetzt.
Schauspieler – Seneca Superstar
Während Darsteller*innen wie Andrew Koji als empathieloser Hauptmann Felix und Lilith Stangenberg als Senecas junge Gattin Pompeia Paulina in ihren kleineren Rollen im Gedächtnis bleiben, ist dieser Film doch ganz und gar auf Malkovich gestützt. Und der weiß zu überzeugen. Man merkt, dass Malkovich einen guten Zugang zum Drehbuch finden konnte, denn er findet im Charakter des Seneca seinen ganz eigenen rhetorischen Rhythmus. Dadurch ergeben sich viele offenbarende Momente, denn die Figur des Seneca ist stets geplagt von Widersprüchen. Malkovich spielt diese selbstgefällige Heuchelei des Stoikers
nahezu perfekt. Auch wenn man anmerken könnte, dass seine Performance durch diesen klar gesetzten Fokus etwas eintönig bleibt.
Story – Gesellschaftskritik
Seneca dreht sich genau so sehr um heutige Machteliten, wie um die Eliten des antiken Roms, wenn nicht sogar mehr. Der Film rechnet aber vor allem mit seiner eigenen Hauptfigur ab. Schwentke, der selbst am Drehbuch mitschrieb, bezeichnete den Film als “eine Untersuchung der Formen des Opportunismus in totalitären Systemen”. Nichts verkörpert das besser als Seneca selbst. Einerseits predigt der stoische Philosoph den ganzen Film hindurch seine Werte von Tugend und Verzicht. Doch er selbst beugt sich Nero, einem tyrannischen Kaiser, und von Verzicht ist bei Senecas reichem Landsitz nichts zu bemerken. Das Drehbuch von Schwentke und Matthew Wilder greift diesen Pseudo-Stoizismus und Opportunismus mit viel Biss an. Dennoch gibt es Szenen, bei denen man sich fragen muss, ob die gezeigte Härte und Boshaftigkeit wirklich notwendig war. Insbesondere ein von Seneca präsentiertes Theaterstück ist doch recht heikel anzusehen, ohne aber dass dies einer sichtbaren Notwendigkeit aus der Perspektive des Drehbuchs entspricht. Dennoch ist die Story insgesamt überzeugend tiefgründig und die Monologe, welche John Malkovich aufführen darf, sind fantastisch geschrieben.
Regie – Arthouse-Satire
Wie bereits angesprochen nimmt sich der Film viele artistische Freiheiten. Wer ein zeitgemäßes, historisch korrektes Rom erwartet, ist im falschen Film. Kaiser Nero spielt mit seiner elektrischen Gitarre und Seneca vermag es nicht mal zu verbluten. Schwentke kann es ab und an ein bisschen mit seinen cineastischen Einfällen übertreiben. Wenn beispielsweise ein kräftiger roter Filter über gewisse Szenen gelegt wird, dann hat das nicht viel Cleverness
an sich. Doch überwiegend vermag es der Regisseur die Absurdität der Welt, welche er auf die Schippe nehmen will, gelungen darzustellen. Dabei helfen sowohl die Drehorte, als auch die Kameraführung. Seneca ist ein Film, der sich stets bemüht, dynamisch zu sein und zumeist darin auch erfolgreich ist.
Nachbearbeitung – Auffällig
Für eine deutsch-marokkanische Co-Produktion sieht der Film sehr gut aus. Man merkt zwar, dass nur eine begrenzte Anzahl von Sets und Drehorten vorhanden waren, doch diese werden bestmöglich in Szene gesetzt. Von dem typisch blassen, langweiligen deutschen Look ist in diesem Film keine Spur zu sehen. Allein schon die artistischen Elemente des Films sorgen für viel visuelle Abwechslung. Die wenigen vorhandenen Effekte sind stilvoll gemacht und der
Schnitt überzeugt mit einem guten Rhythmus.
Filmmusik – Experimentell
Passend zur Arthouse-Natur des Films ist der Soundtrack für das Setting des Films ungewöhnlich. Es erklingen darin viele Synth-Elemente und Percussion-Instrumente, welche den Szenen eine futuristische oder zumindest moderne Atmosphäre geben. Sie tragen zudem zur angespannten Atmosphäre in vielen Szenen bei. Allerdings ist der Soundtrack dementsprechend in Isolation nicht wirklich hörbar.
Filmkritk
Fazit
Seneca - Oder: Über die Geburt von Erdbeben ist definitiv eher etwas für Freunde des europäischen Arthouse-Films. Vielfach amüsant, stellenweise erleuchtend und fast immer unterhaltsam präsentiert uns Robert Schwentke diesen Film. John Malkovich besticht in einer Rolle, die ihn schauspielerisch aufgehen lässt, auch wenn der Film in manchen Szenen doch fast so prätentiös ist wie seine eigene Hauptfigur.
Fazit
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Schauspieler
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Story
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Regie
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Nachbearbeitung
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Filmmusik