Bei den Oscars 2014 räumt ein Film sieben der Trophäen ab. Nach unzähligen Erfolgen und Auszeichnungen, die der Film davor schon erhalten hatte, war das nicht unbedingt eine Überraschung. Aber dass ausgerechnet ein Science-Fiction Film – wobei die Genreeinteilung hier oft das Fiction ausblendet und ihn als „Wissenschaftsabenteuer“ bezeichnet – so einschlägt, lief doch außerhalb der Norm. Vielleicht weil Science-Fiction in den Köpfen der meisten Zuschauer in der Zeit bedeutete, dass Aliens Großstädte zerstören oder ferne Imperien Krieg führen.
Story/Inhalt
Reparaturen am Hubble-Teleskop zwingen Missionsspezialistin Ryan Stone ihr sicheres und sauberes Labor auf der Erde zu verlassen und im Erdorbit ihre Entwicklung zu bearbeiten. An ihrer Seite hat sie den erfahrenen Mission-Commander Kowalski, der mit rauem Charme und viel Erfahrung in Außeneinsätzen versucht Stone die Nervosität zu nehmen.
Als ein missglückter Versuch einen Satelliten zu zerstören mehrere andere Satelliten zu fliegenden Trümmerfeldern macht, wird eine Notevakuierung befohlen. Doch Stone und Kowalski können nicht rechtzeitig zurück in ihr Shuttle und sind plötzlich isoliert. Die Kommunikation zur Erde ist abgerissen, das Shuttle zerstört und die anderen Besatzungen der Raumstationen evakuiert. Mit schwindendem Sauerstoff und nur einem Jet Pack müssen sie eine der Stationen erreichen und darauf hoffen, dass diese noch intakt sind und über Rettungskapseln verfügen.
Ein knapper Plot, mit wenigen Schauspielern umsetzbar. Die Spannung kommt nicht zu kurz, sodass kompakte 90 Minuten geboten werden, die alle Herausforderungen der Isolation und Risiken im Weltall fortlaufend rüberbringen. Zurecht ein Abräumer mit dem Prädikat „Blockbuster“ in diesem Kinojahr. 9 von 10 Punkten, weil doch einige wissenschaftliche Fakten und Tatsachen zugunsten der Handlung gebeugt wurden. Außerdem stellt sich nach Gravity und Howard in Big Bang Theory die Frage, ob wirklich jeder als Missionsspezialist raufgeschickt werden kann.
Schauspieler
Sandra Bullock (Bullet Train) spielt die verletzliche, leicht überforderte Missionsspezialistin Ryan Stone. Vor der Herausforderung aufzugeben oder sich ihrem Schicksal zu ergeben, wählt sie den Kampf und nimmt jede Hürde mit dem Mut der Verzweiflung. Bestimmt eine der besten Auftritte ihrer Karriere, der ihr zurecht eine Nominierung als Beste Hauptdarstellerin einbrachte.
An ihrer Seite steht George Clooney als Commander Kowalski. Der Veteran für Außeneinsätze ist der Mentor und die gute Seele der Mission. Wenn die Situation droht Stone zu übermannen, holt er sie zurück in die Realität und spornt sie zum Weitermachen an. Auch hier eine starke Performance.
Mit Ed Harris ist ein weiterer Weltraumveteran (Apollo 13) an Bord, dieses Mal allerdings nur am Stimme von Mission Control. Gesamt ist die Performance der beiden Darsteller eine glatte 9.
Regie
Alfonso Cuarón ist ein erfolgreicher Drehbuchautor und Regisseur, der vor Gravity unter anderem den Film „Harry Potter und der Gefangene von Askaban“ leitete und den Science-Fiction Film „Children of Men“ aus dem Jahr 2006 geschrieben und realisiert hatte. Mit Gravity nahm er nach längerer Zeit wieder im Regiesessel Platz, und räumte gleich auf ganzer Linie ab. Die Auszeichnungen, die er bis zu den Oscars bereits erhalten hatte, erklärten die Verleihung eigentlich schon sicher. Ein Film, der nach dem Handbuch fürs Filmemachen alle Aspekte erfüllt, ist eine klare Ansage und hat nicht weniger als einen vollen Punktestand verdient – 10 von 10.
Nachbearbeitung
Die meisten Auszeichnungen räumte Gravity natürlich im technischen Segment ab. Kamera, Schnitt, Ton und visuelle Effekte sind vom Feinsten, selbst unter Berücksichtigung der technischen Möglichkeiten. Heute sähe der Film nicht viel anders aus, zumindest vom technischen Aspekt. Trotzdem bestand der Regisseur darauf, dass die Schauspieler die Schwerelosigkeit mit Seilen simulieren und auch in Drehpausen und Besprechungen in den Seilen bleiben mussten. Sowohl Bullock als auch Clooney sprechen im Bonusmaterial von dieser Tortur. Der wer gewinnen will, muss auch leiden. Auch hier gibt es nichts zu bemängeln, und in Lehrgängen zu technischen Aspekten im Film ist Gravity nach wie vor vertreten. 9 von 10 Punkten, denn ein paar Fehlerchen haben sich doch eingeschlichen… oder wurden bewusst ignoriert um das Gesamtbild nicht mit einem unnötigen Monolog über das physikalische Warum zu zerstören.
Musik
Während Commander Kowalski mit seinem Jet Pack herumdüst, hört er Hank Williams. Ansonsten gilt: „im Weltraum hört sich keiner schreien“ (danke Alien), und das gilt natürlich auch für Explosionen. Die Stille in Kombination mit der Isolation ist auch ein viel schlimmerer Trigger als alles, was Töne, Schreie, Dialog oder Musik liefern könnten. Allerdings: verdient Stille Punkte? Ich würde sagen Nein. Und Hank Williams oder das Scrollen durch Radiokurzwelle sind echt zu wenig.
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Filmkritk
Fazit
Wenn ein Film 7 Oscars – wenn auch mehrheitlich technische – erhält, ist das ein Wink mit dem gesamten Zaun, nicht nur einem Pfahl. Außerdem stammt der Film noch aus einem Jahr, in dem das Kino nicht mit Superhelden-Müdigkeit und aufgezwungenen Messages überflutet war. Im Verhältnis zum anderen Programm des Kinojahres war Gravity eine erfrischende Alternative, handwerklich gut gemacht und mit einem ausgezeichneten Cast. 9 von 10 Punkten spiegeln das wieder, und auch nach zehn Jahren hat Gravity immer noch den Wert gesehen zu werden.