Als Lehrer und Mann hat Martin scheinbar versagt. Er kann seine Klasse nicht mehr begeistern und scheint auch in seinem Familienleben eigentlich kaum anwesend zu sein. Als seine Kollegen und Freunde dies bemerken, schlägt einer von ihnen einen Eigenversuch mit Alkohol vor. Sie wollen probieren durchgehend 0,5 Promille im Blut zu haben, denn laut dem norwegischen Psychiater Finn Skårderud hätte der Mensch so geboren werden müssen. Tatsächlich entfaltet der Alkohol bald die vier Freunde. Sie werden allesamt lockerer, energischer und finden zunächst mit dem Experiment Erfolg. Doch als sie sich dazu entscheiden weiter zu gehen, müssen sie die Konsequenzen ihres Handelns konfrontieren. Der Film vom dänischen Regisseur Thomas Vinterberg wurde 2021 mit dem Oscar für den besten fremdsprachigen Film ausgezeichnet.
Schauspieler – Verzweiflung und Ekstase
Mads Mikkelsen (Casino Royale, Rogue One) steht zwar in der Hauptrolle des Martin im Zentrum des Films, doch gemeinsam mit Thomas Bo Larsen, Magnus Millang und Lars Ranthe bildet sich im Grunde genommen ein kleines Ensemble ab, dass das Beste der dänischen Schauspielriege vereint. Als Martin ist Mikkelsen schlichtweg fantastisch. Von der Verzweiflung über seine triste Ausgangslage, über die ekstatische Entfaltung, die das Experiment mit sich bringt, bis hin zu dem Zusammenfall, kann man hier jede Emotion nicht nur erkennen, sondern auch mitfühlen. Insbesondere wenn Mikkelsen ganz langsam und subtil seine Emotionen und Gedanken offenbart, ist man einfach nur gebannt. Denn man merkt gradezu was sich hinter seiner Mimik verbirgt. Gleichwohl sollen auch Larsen, Millang und Ranthe nicht unerwähnt bleiben. Jeder der vier Charaktere hat seine herausstechenden Momente. Sie alle bewegen sich irgendwo zwischen Sympathie und Verachtung, zwischen Spaß und Vernunftlosigkeit. Eine wahnsinnig gute schauspielerische Leistung.
Story – Der Beobachterblick
Vinterberg, der auch am Drehbuch maßgeblich beteiligt war, widmet sich in Der Rausch nicht direkt dem Alkoholismus. Der Film behandelt viel eher die Frage wie die Gesellschaft Alkohol aufnimmt und wie der Konsum je nach Situation katastrophal oder aber ein kleiner Segen sein kann. Das Problem der Figuren ist keinesfalls der Alkohol, vielmehr ist nutzen sie diesen, um ihren Problemen zu entfliehen. Der entfremdeten Ehe, den gestressten Schülern und dem Leben generell. Sie nutzen den Alkohol um selbstbewusster zu sein und man freut sich mit den Figuren, wenn sie das auch erreichen. Dennoch weiß Vinterberg es den übermäßigen Konsum nicht zu verharmlosen. Ganz im Gegenteil. Grade weil man sich mit den Charakteren so gut identifizieren kann, grade weil man als Zuschauer quasi an ihren Erfolgen teilnimmt, haben die tragischen Momente ihre weite Fallhöhe.
Regie – Emotionale Bandbreite
Vinterberg ist sicherlich momentan einer der bekanntesten dänischen Regisseure. Schon in Die Jagd hatte er mit Darstellern wie Mikkelsen und Larsen zusammengearbeitet. Er weiß ganz genau wie er seine Figuren zu Inszenieren hat. Vinterberg lässt seinen Schauspielern jederzeit den Raum sich auszuspielen. Mit langen Einstellungen, die sich oftmals nur auf die jeweiligen Gesichter oder Körper der Darsteller fokussieren, schafft Winter eine Atmosphäre des Realismus und der Nähe. Und doch kann er durch den Einsatz von Musik, durch Schnitttechniken und über die Kameraarbeit
die Momente des frohlockenden Suffs ebensogut einfangen.
Nachbearbeitung – Stilvoll warm/kühl
Der Schnitt und die farbliche Palette des Films unterstützen auf solide Art und Weise die Atmosphäre und das Schauspiel. Es wurde offensichtlich viel mit natürlichem Licht gedreht, wenn möglich. Grundsätzlich hat der Film einen realistisch, trockenen, aber nicht zwangsweise immer kühlen Blick. Teils kann die Farbpalette den Zuschauer mit Wärme einlullen.
Filmmusik – Betrunkene Komponisten
Im Laufe des Films wird immer wieder auch über Künstler geredet, die ständig betrunken gewesen sein sollen. Der Name Hemingway fällt, ebenso wie der Name Klaus Heerfordt. Er sei betrunken gewesen, als er sein Meisterwerk auf dem Piano komponiert hätte. Lustigerweise existiert Heerfordt jedoch gar nicht. Das Stück, welches im Film verwendet wird, ist von Franz Schubert. Da dies sicherlich kein Fehler seitens der Filmemacher war, kann man davon ausgehen, dass selbst in der Musik das Thema der Betrunkenheit auf mehrere Weisen aufgenommen wird. Musik wird fast immer dann ausgiebig eingeführt, wenn unsere Protagonisten euphorisch Trinken und Spaß haben. Zum Ende des Films geschieht dies besonders herausragend.
Der Rausch kaufen
Filmkritk
Fazit
Der Rausch ist ein Film für jedermann, der sich eher über eine gewogene Mischung aus Intellektualität und Emotionalität mit einem Thema auseinandersetzen will, was jeden von uns angeht. Es gibt kaum einen Kulturkreis in dem Alkohol keinen Platz in der Gesellschaft hat. Anstatt den Zeigefinger zu erheben aber, entführt uns Vinterberg in eine Geschichte, bei der wir sowohl das Trinken verabscheuen, als auch es lieben lernen. Am Ende wird man mit einem großen inneren Konflikt da gelassen und der Film hat sein Ziel erreicht. Man denkt nach.
Fazit
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Schauspieler
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Story
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Regie
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Nachbearbeitung
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Filmmusik