Paul Verhoeven, Regisseur von solch Klassikern der Filmgeschichte wie Robocop, Total Recall und Starship Troopers, ist zurück! Sein neuer Film Benedetta, der im Dezember letzten Jahres in deutsche Kinos kam, handelt von einer lesbischen Liebe zwischen Nonnen während der Zeit der Pest. Die Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit aus dem 17. Jahrhundert. Ob sie gut verfilmt wurde, erfahrt ihr jetzt in der Kritik.
Schauspieler – Diabolisch und engelsgleich
Mit Abstand der stärkste Aspekt des Films sind die Performances der Darsteller. Virginie Efira in der Hauptrolle als titelgebende Nonne bietet hier eine extreme Bandbreite an Emotionen und Entwicklungsstufen dar. Während Daphné Patakia als deren Geliebte, Schwester Bartolomea, eher etwas eintönig in ihrem Spiel wirkt, überzeugt Louise Chevillotte in ihrer kleineren Rolle als Tochter der Äbtissin umso mehr. Tatsächlich gebührt ihr eine der emotionalsten Szenen. Das Highlight innerhalb des Casts ist jedoch definitiv Charlotte Rampling. Ihr subtiles Spiel passt perfekt zu dem sehr ambivalenten Charakter der Äbtissin. Insgesamt ein sehr überzeugender Cast.
Story – Wunder, Visionen, Kirchenstress
Die wahre Geschichte der Nonne Benedetta Carlini ist höchst faszinierend. Sie soll angeblich Wunder vollbracht und im direkten Kontakt mit Jesus gestanden haben. Zudem unterhielt sie eine sexuelle Beziehung zu Schwester Bartolomea. Das Problem des Drehbuchs ist, dass es die unterschiedlichen Handlungsstränge nicht zufriedenstellend zusammenfügt. Die lesbische Beziehung ist im historischen Sinne eher eine Randnotiz welche zwar bemerkenswert und faszinierend, doch nicht ausschlaggebend für die Geschichte Benedettas war. Der Film fokussiert sich deutlich eher darauf in teilweise expliziten
Szenen. Man kann durchaus wertschätzen, was Verhoeven hier versucht über die Beziehung zwischen Glauben und Sexualität auszusagen. Auf der emotionalen Ebene, funktioniert die Beziehung dieser beiden Charaktere jedoch leider überhaupt nicht. Dafür ist sie viel zu oberflächlich gestaltet.
Zudem versucht der Film die politischen Hintergründe der Kirche und deren Machthierarchie in Gestalt der Äbtissin und einigen männlichen Kirchenvertretern darzustellen. Dieser Aspekt der Handlung funktioniert noch am besten, da er die meiste Aussagekraft besitzt und sich eher auf die historischen Hintergründe stützen kann. Allerdings ist die Auflösung dieses Handlungsstrangs ebenfalls letztendlich enttäuschend. Wie leider insgesamt das gesamte Drehbuch.
Regie – Das Schwert des Herrn
Verhoeven bietet uns mit Benedetta definitiv keine herkömmliche Glaubensgeschichte. Von expliziten Sexszenen bis zu Visionen und Träumen eines gewalttätigen Jesus, der sich gerne mal Schwerthiebe verteilt, ist viel provokantes da. Das Problem ist nur, dass sich schwer einordnen lässt inwiefern der Film es mit uns noch ernst meint, oder ob das schon ein Kommentar über Religion und vermeintliche Wunder ist. In jedem Fall kann man diese einzigartige Herangehensweise gleichzeitig schätzen und kritisieren. Ebenfalls kritisieren kann man, worauf Verhoeven am Ende Wert legt. Nämlich aufs Spektakel. Die
tatsächliche Geschichte von Benedetta endete recht unspektakulär. Anstatt sich einem subtileren Ende hinzugeben, holt Verhoeven am Ende nochmal einiges an Action raus. Wo wir bei dem Thema Budget wären. Mit circa 4 Millionen Dollar Budget muss man sich schon fragen, ob es so weise war CGI-Schlangen in diesen Film zu integrieren. Denn manchmal fühlt man sich bei Benedetta wie auf einem Mittelaltermarkt. Einem hochwertigen Mittelaltermarkt, aber nichts desto trotz, fühlt sich einiges dann doch billig an. Gleichwohl holt die Kameraarbeit und Beleuchtung von Jeanne Lapoirie einiges aus dem Setting raus. Die Locations in Italien und Frankreich, welche für die Stadt und das Kloster einstehen, werden gut in Szene gesetzt. Es gibt einige wirklich tolle Aufnahmen.
Nachbearbeitung – Kleines Budget, große Effekte
Wie bereits erwähnt waren die computeranimierten Schlangen nicht unbedingt der beste Einfall. Auch der ein oder andere Blutspritzer sieht doch etwas fake aus, wobei man Verhoeven zu Gute halten muss, dass er hier noch viel mit praktischen Effekten filmt. Ein kleines visuelles Highlight hingegen bietet ein Komet, der den Himmel in blutrote Farbe tränkt. Der Film ist kompetent geschnitten, gerade in den Übergängen von der Realität zu den Träumen und
Visionen von Benedetta.
Filmmusik – Standard
Die Musik in Benedetta ist von einer recht generischen Qualität. Sie funktioniert gut genug als Untermalung für das filmische Geschehen. Im Gedächtnis bleibt sie jedoch nicht. Von der Komponistin Anne Dudley (American History X, Les Miserables), hätte man vielleicht mehr erwartet. Allerdings ist es fraglich wie viel Zeit ihr zum Komponieren gegeben wurde.
Filmkritk
Fazit
Benedetta ist durchaus ein einzigartiges Stück Kino, weshalb es letztendlich für Fans des Indie- und Arthouse-Kinos dann doch eine leichte Empfehlung gibt. Verhoeven hantiert mit genug interessanten Ansätzen, um uns zumindest die reale Begebenheit recherchieren zu lassen. Tatsächlich ist diese dann doch etwas spannender als der Film. Sie besitzt zwar keine emotionale Narrative, doch leider besitzt der Film diese genauso wenig. Allein die darstellerischen Leistungen sind ein wahrer Pluspunkt.
Fazit
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Schauspieler
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Story
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Regie
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Nachbearbeitung
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Filmmusik