Chris Kyle gilt als der tödlichste Scharfschütze in der Geschichte der USA. In einer Phase, in der beinahe jeden Monat ein Kriegsfilm nach 9/11 in die Kinos kam (um einige zu nennen: 12 Strong, Lone Survivor, Act of Valor), war dieser Film von Clint Eastwood nur ein weiterer Eintrag für die Rekrutierungsakte der Waffenverbände.
Story/Inhalt
Chris Kyle ist wohl das Musterbeispiel, mit dem die Armee rekrutieren kann: der texanische Cowboy meldet sich freiwillig zum Dienst, macht die Ausbildung zum Navy SEAL, lässt sich dort zum Scharfschützen ausbilden, und zieht dann nach 9/11 in den Irak um dort eine beachtliche Abschussliste zu beginnen. Zusammen mit seiner Einheit, die sich das Logo des Punishers wählen, sichert er in bester Soldatenmanier seine Kameraden aus der Entfernung, hat aber auch keine Berührungsängste zusammen mit Marines Häuser zu durchsuchen und Widerstandskämpfer im Nahkampf aus ihren Löchern zu treiben.
Allerdings beschränkt sich die Geschichte nicht nur darauf, sondern zeigt auch die Probleme auf, die Chris Kyle hatte, wenn er nicht im Einsatz war. Die Rückkehr ins normale Leben fiel ihm schwer, von seiner Frau und den Kindern war er entfremdet und fühlte sich nutzlos. Bis er seine Berufung in der Veteranenbetreuung fand, die aber auch zu seinem tragischen Tod führte.
Auch wenn der Film mit seinen 132 Minuten Laufzeit eigentlich ein langes Werbevideo für die Armee ist, liefert Eastwood einen guten runden Film ab, der in seinen Kampfsequenzen nicht allzu sehr wie ein Videospiel aussieht. Auch das Problem der PTSS wird selten ohne kritische Bewertung angesprochen. Das tragische Ende von Chris Kyle wird mit patriotischem Pathos samt Originalaufnahmen inszeniert. 7 von 10 Punkten.
Schauspieler
Bradley Cooper (Nightmare Alley) geht sowohl in der Rolle des rauneinigen texanischen Cowboys als auch dem toughen SEAL voll auf. Sympathisch bringt er die Ausstrahlung, die Chris Kyle auf sein Umfeld gehabt haben soll, auf den Bildschirm und dominiert mit einer starken Leistung jede Szene. Sienna Miller spielt seine Frau, die für Kyle der Anker und Mittelpunkt des Lebens war. Auch wenn sie nicht so viel Screentime wie Cooper hat, hinterlässt sie doch einen bleibenden Eindruck und liefert eine ihrer besten schauspielerischen Leistungen ab.
Zwar gibt es diverse Nebenrollen, doch der Film wird von der Handlung rund um Cooper und Miller dominiert, sodass nur ihrer beiden Leistung bewertet wird: und die liegt bei 9 von 10 Punkten.
Regie
Clint Eastwood nimmt schon lange im Regiesessel Platz und liefert durchwegs solide Leistungen. Nach einem kleinen Tief war American Sniper die Einleitung eines kleinen Laufs, denn auf diesen Film folgten „Sully“, „15:17 to Paris“ und „The Mule“. Seine Erfahrung ist hier gut sichtbar, denn sowohl Action als auch Drama und ruhige Sequenzen wechseln in einem angenehmen Tempo, sind ergänzt mit Rückblenden und Erinnerungen und enden schließlich mit einer Bilderserie und Originalaufnahmen aus dem Leben von Chris Kyle. Allerdings ist und bleibt der Film ein Werbevideo für die Armee, und dem Internet blieb vor allem die Szene in der Erinnerung, in der Cooper sein Baby im Arm hält und erklärt, warum er noch einen Einsatz machen muss, in der eindeutig zu sehen ist, dass hier nur eine Puppe verwendet wurde. Dieser Makel bringt 7 von 10 Punkten für die Regie.
Nachbearbeitung
Wie bereits erwähnt bleibt vor allem die Baby-Szene bei diesem Film in Erinnerung. Außerdem muss kritisch gesehen werden, dass einige Darstellungen im Film schlichtweg der Dramaturgie geschuldet sind. So wollte Kyle zwar an Hausdurchsuchungen teilnehmen, dieser wurde ihm allerdings nicht gestattet. Auch das Duell mit einem Scharfschützen, dass die zweite Hälfte des Films dominiert, ist frei erfunden. Kyle schaffte zwar über 160 Abschüssen, doch ein Scharfschützenduell fand so niemals statt.
Auch wurde der Film, vor allem von Republikanern im äußeren rechten Bereich, als patriotisches Meisterwerk und Muster einer amerikanischen Biographie bezeichnet, während Eastwood es als Antikriegsfilm ansieht. Dass er den Einmarsch im Irak mit der Darstellung rechtfertige und alle Maßnahmen im Krieg gegen den Terror für Rechtens erachte, lehnte er zwar in Andeutungen ab, distanzierte sich allerdings niemals eindeutig. Im Bonusmaterial weicht Eastwood dieser Frage ebenfalls aus und betont, dass er selbst und Chris Kyle Patrioten wären.
Der Film spielte gute 350 Millionen Dollar bei weniger als 60 Millionen Dollar Budget ein. Ungeachtet ob es nun ein plumper Werbefilm für die Armee ist oder nicht, American Sniper macht trotz der Babyszene 7 von 10 Punkten für die Aufmachung.
Musik
Im gesamten Film gibt es nur drei Musikstücke. Eine von Eastwood komponierte Theme für Kyle Frau Taya, der Song „Someone Like You“ von Van Morrison, und „The Funeral“ von Ennio Morricone, das den Abspann begleitet. Nach den Aufnahmen von der Beerdigung läuft der Abspann in absoluter Stille ab. Darum keine Punkte für diese Rubrik.
Filmkritk
Fazit
American Sniper ist ein guter Actionfilm. Wer sich wirklich für die Person Chris Kyle interessiert, kann auf seine Biographie zurückgreifen – hier gibt Kyle sehr persönliche Einblicke in seine Sichtweise. Er zeigt sich nicht nur als typischer Texaner, sondern auch als tiefsinniger Mensch, der sich seiner Handlungen wohl bewusst war und mit sich im Reinen war. Dazu sind im Buch einige Anekdoten aus seinen Einsätzen enthalten, die im Film nicht vorkommen. Insgesamt ist American Sniper ein gutes, manchmal etwas pathetisches Biopic mit 7,5 von 10 Punkten. Bleibt nur die Antwort auf die Frage, die der Ausbilder im SEAL-Training Kyle stelle. Was der Unterschied zwischen einem Texaner und einem Hinterwäldler ist: die Texaner reiten ihre Pferde, Hinterwäldler ihre Schwestern.