Durch Corona ist alles anders. Auch vor den Oscars macht die Pandemie keinen Halt. Ursprünglich für den 28. Februar 2021 geplant, wurde die Verleihung der goldenen Awards auf den 25. April 2021 (26. April 2:00 Morgens MESZ) verschoben. Coronabedingt werden erstmals seit der sechsten Oscarverleihung im Jahr 1934 Filme aus mehr als einem Kalenderjahr zugelassen sein. Wir haben uns in der deutschen YouTuber bzw. Bloggerszene umgehört und Edzards Filmriss, Ephraims Filmstunde mit Zimmi und die Fluxkompensator- und Uferbauwerk Blogs nach ihren Oscars Favoriten gefragt.
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Die Auflistung der genannten Personen erfolgt alphabetisch.
Edzards Filmriss
Filmblogger Edzard hat sich auf die wichtigsten Kategorien beschränkt und schreibt wie folgt:
In der Kategorie “Bester Hauptdarsteller” tippe ich auf Chadwick Boseman für “Ma Rainey’s Black Bottom”. Zwar habe ich den Film nicht gesehen, aber Bosemans schauspielerische Klasse in Verbindung mit seinem frühen Tod und der Tatsache, dass die Oscars nicht mehr #sowhite sein möchten, werden hier wohl den Ausschlag geben.
Bei der “Besten Hauptdarstellerin” tippe ich auf Carey Mulligan für “Promising Young Woman”. Das wäre der passende Oscar für die #MeToo-Bewegung, auch wenn der Film zu diesem Thema tatsächlich eher wenig beizutragen hat, wie ich finde. Stärkste Konkurrentin ist wohl Frances McDormand (“Nomadland”), die allerdings erst 2018 gewann.
“Nomadland” ist mein Tipp in der Kategorie “Bester Film”, weil das so klassisches Kritiker- und Oscarmaterial ist. Das gilt allerdings in diesem Jahr noch stärker als sonst für alle nominierten Filme, daher ist das kein sonderlich sicherer Tipp.
Den Preis für die “Beste Regie” wird meines Erachtens Chloe Zhao mit nach Hause nehmen, ebenfalls für “Nomadland”. Dass in der Vergangenheit viel zu wenige Frauen diesen Preis gewonnen haben (nämlich genau eine) ist kein Geheimnis, und irgendwann muss die Academy ja mal anfangen, das endlich zu korrigieren.
Ephraims Filmstunde & Zimmi
Auch die YouTuber Ephraim und Zimmi haben sich mit den Oscars 2021 beschäftigt:
Fluxkompensator
Christoph vom Fluxkompensator Blog gab ebenfalls seine Oscars 2021 Prognose ab:
Mein Verhältnis zur Oscarverleihung hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Früher war ich voller Vorfreude und drückte meinen Lieblings-Künstlern und -Filmen die Daumen, war aber meist enttäuscht, wie sich dann die Academy entschied (*hust* INCEPTION *hust*). Mittlerweile hat sich meine Vorbereitung auf die Saison gewandelt, auch im Hinblick, dass ich meine Meinung über Filme auf dem Fluxkompensator seit 2017 kundgebe. Ich versuche bis zur Oscar-Nacht alle nominierten Filme im Kino oder auf legalem Wege zu sehen, um möglichst wissend in die stundenlange Zeremonie auf der heimischen Couch zu starten. So muss es auch im besten Falle bei den ca. 7.000 Mitgliedern der Academy laufen, die am Ende ihr Kreuz in den jeweiligen Kategorien machen. Nach 2016 sollte für mehr Diversität gesorgt werden, ein hoher Anteil an Frauen und unterrepräsentativen Ethnien bekamen nun endlich auch eine Einladung in diesen „elitären Filmclub weißer älterer Männer“.
Und dann kam im letzten Jahr die Pandemie. Die Gemeinschaft um Hollywood hat zu wenig Filmware, weil 2020 kaum Kinos geöffnet waren und die wichtigste Regel – der nominierte Film muss mindestens sieben Tage im regulären Programm eines Kinos in L.A. laufen – wurde zum Problem. Eine einmalige Änderung, dass Filme, die im Stream 2020 ihre Premiere feierten und die, die „Bestrebung“ hatten auch im Kino zu laufen, waren auf einmal dabei. Mit einem Schlag wurde die Nominiertenliste wesentlich vielfältiger, vielleicht nicht unbedingt in Hinblick auf Qualität, aber zumindest im Bereich der Gesichter hinter den Produktionen. Somit fehlen in diesem Jahr fast gänzlich die großen Blockbuster, die die Oscars in den letzten Jahren nur noch wenig interessierte, denn der Trend ging ganz klar Richtung künstlerischen Anspruch als zu Filmen mit guten Box-Office-Ergebnissen.
In diesem Jahr kann ich tatsächlich nur eine Prognose abgeben, da ich zum aktuellen Zeitpunkt gerade einmal 16, von den knapp 60 in allen Kategorien nominierten Filmen gesehen haben. Darunter fehlen mir die persönlich wichtigen wie NOMADLAND, MINARI und THE FATHER. Aber wenn man nicht unbedingt in die dunklen Abgründe des Netzes abtauchen will und die Kunstform respektiert, heißt es abwarten und auf einen geimpften Kinosommer hoffen.
Dies sind meine Prognosen für die Gewinner der Oscarverleihung 2021:
- Bester Film: THE FATHER (2020) Produktion: David Parfitt, Jean-Louis Livi und Philippe Carcassonne
- Beste Regie: Lee Isaac Chung für MINARI (2020)
- Beste Hauptdarsteller: Anthony Hopkins für THE FATHER (2020)
- Beste Hauptdarstellerin: Frances McDormand für NOMADLAND (2020)
- Bester Nebendarsteller: Daniel Kaluuya für JUDAS AND THE BLACK MESSIAH (2020)
- Beste Nebendarstellerin: Glenn Close für HILLBILLY ELEGY (2020)
- Bestes adaptiertes Drehbuch: Christopher Hampton und Florian Zeller für THE FATHER (2020)
- Bestes Originaldrehbuch: Will Berson, Shaka King, Kenny und Keith Lucas für JUDAS AND THE BLACK MESSIAH (2020)
- Beste Kamera: Joshua James Richards für NOMADLAND (2020)
- Bestes Szenenbild: Donald Graham Burt und Jan Pascale für MANK (2020)
- Bestes Kostümdesign: Alexandra Byrne für EMMA (2020)
- Beste Filmmusik: Trent Reznor, Atticus Ross und Jon Batiste für SOUL (2020)
- Bester Filmsong: “Fight for You” aus JUDAS AND THE BLACK MESSIAH (2020) – Musik: H.E.R. und D’Mile, Text: H.E.R. und Tiara Thomas
- Bestes Make-up und beste Frisuren: Mark Coulier, Dalia Colli und Francesco Pegoretti aus PINOCCHIO (2019)
- Bester Schnitt: Alan Baumgarten für THE TRIAL OF THE CHICAGO 7 (2020)
- Bester Ton: Nicolas Becker, Jaime Baksht, Michelle Couttolenc, Carlos Cortés und Phillip Bladh für SOUND OF METAL (2020)
- Beste visuelle Effekte: Andrew Jackson, David Lee, Andrew Lockley und Scott Fisher für TENET (2020)
- Bester Animationsfilm: Pete Docter und Dana Murray für SOUL (2020)
- Bester animierter Kurzfilm: Madeline Sharafian und Michael Capbarat für BURROW (2020)
- Bester Kurzfilm: Travon Free und Martin Desmond Roe für TWO DISTANT STRANGERS (2020)
- Bester Dokumentarfilm: Pippa Ehrlich, James Reed und Craig Foster für MEIN LEHRER, DER KRAKE (MY OCTOPUS TEACHER, 2020)
- Bester Dokumentar-Kurzfilm: Anders Sømme Hammer und Charlotte Cook für DO NOT SPLIT
- Bester internationaler Film: Thomas Vinterberg für DER RAUSCH (DRUK, 2020)
Uferbauwerk
Für Kai vom Uferbauwerk Filmblog steht eine besondere Oscarlverleihung bevor:
Eine Verleihung von deren Nominierungen ich im Vorfeld so wenig gesehen habe, wie selten zuvor. Obwohl der Nominierungszeitraum länger war als in anderen Jahren, sorgte die Coronapandemie für weniger gestartete Filme als in den Vorjahren. Der Spannung tut das allerdings keinen Abbruch.
Doch wer sollte meines Erachtens nach gewinnen und wer wird wohl in den verschiedenen Kategorien abräumen?
Als großer Favorit des Abends dürfte wohl Chloé Zhaos „Nomadland“ ins Rennen gehen. Ich glaube, das Drama um eine 60-Jährige Nomadin dürfte die großen Preise für die beste Regie, das beste adaptierte Drehbuch, die beste Kameraarbeit und die Krönung als bester Film erhalten. Nicht ohne Grund erhielt der Streifen den goldenen Löwen in Venedig. Der andere große Sieger könnte „Promising Young Woman“ werden. Der Thriller von Emerald Fennell dürfte mit Carey Mulligan wohl die beste Hauptdarstellerin stellen und auch das Originaldrehbuch sehe ich als Favoriten seiner Kategorie.
Post mortem dürfte Chadwick Boseman für seine Darstellung in „Ma Rainey’s Black Bottom“ als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet werden. Amanda Seyfried drücke ich in der Kategorie der besten Nebendarstellerin für ihre Leistung in „Mank“ die Daumen. „Tenet“, so umstritten der Film als Werk war, sollte meiner Meinung nach den wohlverdienten Goldjungen für die besten visuellen Effekte erhalten und bei der Auszeichnung als bester Animationsfilm führt wohl kein Weg an Disneys „Soul“ vorbei.
Besonderes Augenmerk möchte ich aber auf einen anderen, sehr viel weniger beachteten Film legen. Mit „Kollektiv – Korruption tötet“ schickt Rumänien einen ganz besonderen Film ins Rennen um den besten ausländischen Film. Das auch als bester Dokumentarfilm nominierte Werk des deutsch-rumänischen Regisseurs Alexander Nanau zeigt in beindruckender und bedrückender Art und Weise die Arbeit von Journalist*innen auf, die den Skandal um einen verheerenden Brand in einem Bukarester Club publik machten. Denn schließlich bietet nach einem Jahr, in dem viele gute Filme untergegangen sind, die Oscarverleihung 2021 vor allem die Möglichkeit, besondere Filme wieder für sich zu entdecken.